Ägypten:"Direkte Antwort"

Treffen der Präsidentin der Republik Griechenland, Katerina Sakellaropoulou, mit dem Präsidenten von Ägypten, Abdel Fat

Abdelfattah al-Sisi steht seit 2013 an der Spitze des ägyptischen Staates - und regiert das Land mit harter Hand. Menschenrechtsorganisationen sprechen von mehr als 60 000 politischen Gefangenen.

(Foto: Giorgos Kontarinis/imago)

Prominente Menschenrechtler schildern westlichen Botschaftern bei einem Treffen die bedrückende Lage der Zivilgesellschaft am Nil - und werden kurz darauf selbst verhaftet. Die Bundesregierung ist "sehr besorgt".

Von Paul-Anton Krüger, München

Es war eine illustre Runde, die sich am 3. November in Kairo in den Räumen der Egyptian Initiative for Personal Rights (EIPR) eingefunden hatte, einer der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen Ägyptens. Die Botschafter Belgiens, Dänemarks, Finnlands, Frankreichs, Italiens, der Niederlande und der Schweiz waren ebenso zugegen wie Cyrill Nunn, der deutsche Botschafter. Dazu hochrangige Diplomaten aus Kanada, Norwegen und Schweden, Großbritannien und der EU-Vertretung.

Thema des Treffens war die bedrückende Lage der Zivilgesellschaft in dem Land, das Präsident Abdelfattah al-Sisi und sein vom Militär dominiertes Regime mit harter Hand regieren. Westliche Menschenrechtler schätzen, dass in Ägyptens Gefängnissen bis zu 60 000 Menschen aus politischen Gründen eingesperrt sind, viele unter härtesten Haftbedingungen und ohne auch nur einfachsten rechtsstaatlichen Standards entsprechenden Verfahren.

Ein solches Schicksal könnte nun auch zwei wichtigen Mitarbeitern der EIPR bevorstehen: Bereits am 15. November holte die Staatssicherheit Mohammed Baschir nachts aus seiner Wohnung in einem Vorort von Kairo ab. Sie verhörte den Verwaltungs- und Personalchef der Organisation zwölf Stunden lang und steckte ihn in Untersuchungshaft. Vorgeworfen werden ihm die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, zumeist ist damit die in Ägypten verbotene Muslimbruderschaft gemeint, sowie die Verbreitung falscher Nachrichten im Internet und Äußerungen, die das nationale Interesse und die Sicherheit unterminierten - letztgenannte Tatbestände existieren in Rechtsstaaten nicht.

In Berlin steht ein Ex-Mitarbeiter des Bundespresseamts vor Gericht, der für die ägyptische Botschaft spioniert haben soll

EIPR-Generaldirektor Gasser Abdel Razek sagte nach Baschirs Verhaftung, es handele sich "um eine direkte Antwort" des Sicherheitsapparates auf das Treffen mit den Diplomaten. Dieser Eindruck lässt sich kaum noch von der Hand weisen, nachdem am Mittwoch auch noch der für den Bereich Strafjustiz verantwortliche EIPR-Direktor Karim Ennarah von der Staatssicherheit in seinem Urlaubsort Dahab verhaftet und seine Wohnung durchsucht worden sind.

Das französische Außenministerium hatte sich am Dienstag "tief besorgt" über die Verhaftung Baschirs gezeigt - was der Sprecher des Außenministeriums in Kairo, Ahmed Hafez, sich tags darauf als Einmischung in die inneren Angelegenheiten verbat.

Auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung hieß es am Donnerstag im Auswärtigen Amt, die Bundesregierung sei "sehr besorgt" über die Verhaftungen. Die Tatsache, dass diese "offenbar in Zusammenhang mit dem Besuch der Diplomaten bei der Organisation stehen, stellt eine neue Qualität des Vorgehens gegenüber der ägyptischen Zivilgesellschaft dar, die wir verurteilen".

Die Botschaft in Kairo habe Kontakt zu den Behörden aufgenommen, um die Freilassung der EIPR-Mitarbeiter zu erreichen. Auch mit der ägyptischen Botschaft in Berlin sei das Auswärtige Amt "im Gespräch". Weitere Schritte würden geprüft.

Diese könnten zudem nötig werden nach der Anklage des Generalbundesanwalts gegen einen in Ägypten geborenen Ex-Mitarbeiter des Bundespresseamtes. Er hatte nach Überzeugung der Ermittler seine berufliche Tätigkeit genutzt, um den ägyptischen Nachrichtendienst bei der Informationsbeschaffung zu unterstützen. Er habe dabei "im Auftrag der ägyptischen Botschaft in Berlin" gehandelt, der auch regimekritische Exil-Ägypter seit Jahren vorwerfen, sie zu bespitzeln und zu drangsalieren.

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