Süddeutsche Zeitung

Ägypten:Dem Lob folgt die Kritik

Sigmar Gabriel besucht Ägypten - und zeigt sich in Kairo besorgt über die Geltung der Menschenrechte.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat zum Abschluss seiner Reise nach Ägypten die Lage der Menschenrechte in dem Land kritisiert. Er hielt aber an seiner Äußerung fest, Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi sei "ein beeindruckender Präsident". Bei einer Pressekonferenz in Kairo sagte er, Berichte über zunehmende Menschenrechtsverletzungen bereiteten der Bundesregierung Sorge. Sie bestätigten ihn aber darin, den Dialog mit der ägyptischen Regierung über dieses "schwierige Thema" zu suchen.

Sisi habe sich offen für die Kritik gezeigt, während mit anderen Staatschefs ein solch direktes Gespräch zu dem Thema kaum möglich sei. Das habe ihn beeindruckt, erläuterte Gabriel. Er habe versucht zu vermitteln, dass Menschen sich frei äußern und Nichtregierungsorganisationen gründen können müssten, ohne Nachteile zu befürchten. Die wirtschaftliche, soziale und innenpolitische Stabilität wachse, wenn sich jene Teile der Bevölkerung, die sich gewaltfrei verhielten, an der Entwicklung des Staates beteiligen könnten. Gabriel hatte am Sonntagabend Menschenrechtler und Vertreter der Zivilgesellschaft getroffen. Diese hätten ihm bestätigt, dass sich die Lage verschlechtere, räumte er ein.

Präsident Sisi sagte am Sonntag in einer Pressekonferenz mit dem ebenfalls in Kairo weilenden französischen Präsidenten François Hollande, er verstehe manche westliche Bedenken über die Menschenrechtslage in Ägypten. Er fordere Kritiker aber auf, die Situation Ägyptens zu bedenken, die gekennzeichnet sie von "Versuchen böser Mächte", das Land zu isolieren und Ägyptens Institutionen wie die Polizei, die Justiz und sogar das Parlament zu zerstören. Seine Aufgabe sei, das Land davor zu schützen. "Sie können sich nicht vorstellen, was der ganzen Welt geschehen wird, wenn dieses Land stürzt", sagte Sisi. Es sei schwierig, europäische Standards in einem Land von 90 Millionen Bürgern umzusetzen, das gegen den Terrorismus kämpfe.

Ägyptens Regierung beschuldigt die als terroristisch verbotene Muslimbruderschaft, für Anschläge verantwortlich zu sein und sieht sie als Mutterorganisation der IS-Terrormiliz - auch wenn diese die Bruderschaft jüngst als "Abtrünnige" bezeichnete und zum Kampf gegen sie aufrief.

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Quelle:
SZ vom 19.04.2016
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