Ägypten: Aufstand in Kairo:Militär demonstriert seine Macht

In der ägyptischen Hauptstadt sind Panzer und Kampfflugzeuge im Einsatz, Tausende protestieren gegen Präsident Hosni Mubarak. Der kann seine Gegner nicht beruhigen. Das Auswärtige Amt verschärft die Reisewarnung.

Mit einer Demonstration seiner Macht hat das ägyptische Militär am Sonntag versucht, die Lage in Kairo unter Kontrolle zu bringen. Kampfflugzeuge donnerten im Tiefflug über den zentralen Tahrir-Platz. Tausende Menschen protestierten dort am Sonntagabend trotz der Ausgangssperre gegen das Regime von Präsident Hosni Mubarak. Am Wochenende war es zu schweren Plünderungen gekommen. Bei den Unruhen sollen bislang 150 Menschen umgekommen sein.

Proteste in Kairo

Proteste in Kairo: Soldaten mit Panzern sichern eine Zufahrt zum Tharir-Platz in der ägyptischen Hauptstadt.

(Foto: dpa)

Dem seit 30 Jahren autoritär regierenden Präsidenten gelang es nicht, die Proteste gegen sein Regime zu stoppen, obwohl er die Medien zensieren ließ, eine neue Regierung einsetzte und das Militär massiv Präsenz zeigte. Am Sonntag gingen wie schon tags zuvor wieder Zehntausende Regimegegner in den größeren Städten auf die Straßen, um Mubaraks Rücktritt zu fordern. Am Sonntagabend traf Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei ungeachtet eines Hausarrests am Tahrir-Platz in Kairos Zentrum ein, um sich den Protesten anzuschließen. Die verbotene islamistische Muslimbruderschaft sprach ihm ihre Unterstützung aus. Wie ElBaradei forderte sie eine Regierung der nationalen Einheit.

Die Polizei zog sich weitgehend zurück. Dafür verstärkte die Armee ihre Einheiten, griff aber bis zum Sonntagabend nicht ein. Plünderer nutzten die chaotische Lage, um Geschäfte und Hotels in Kairo auszuräumen; selbst vor dem Nationalmuseum machten sie nicht halt. Brandstifter und Räuber terrorisierten die Bevölkerung auch in anderen Landesteilen, manche von ihnen offenbar auf Befehl des Regimes. Aus Gefängnissen brachen Tausende Häftlinge aus, unter ihnen Schwerverbrecher, aber auch Mitglieder der Muslimbruderschaft.

Mubarak ernannte am Samstag Geheimdienstchef Omar Suleiman, 75, zu seinem Stellvertreter. Diese Position hatte er seit seinem Amtsantritt 1981 unbesetzt gelassen. Suleiman ist Mubaraks engster Vertrauter und gilt als Hardliner. Der bisherige Luftfahrtminister Ahmad Schafik wurde zum neuen Ministerpräsidenten berufen. Ihm wird zugetraut, Wirtschaftsreformen einzuleiten. Mubarak hatte in einer Fernsehansprache in der Nacht zum Samstag angekündigt, das Kabinett umzubilden. Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit die Proteste am Dienstag begannen. Am Sonntag besuchte er die Kommandozentrale der Streitkräfte und traf sich mit Suleiman, Generalstabschef Sami Anan und dem scheidenden Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi.

US-Außenministerin Hillary Clinton verlangte von Mubarak einen "geordneten Übergang" zu einem demokratischen System. Er müsse "das Notwendige unternehmen", um "demokratische und wirtschaftliche Reformen" herbeizuführen, sagte sie am Sonntag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der britische Premier David Cameron riefen alle Seiten in Ägypten zum Gewaltverzicht auf. Klar wandte sich Deutschland von Präsident Mubarak ab. "Die deutsche Bundesregierung steht an der Seite derer, die nach Demokratie und selbstverständlichen Bürger- und Menschenrechten rufen", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP).

Tausende Ausländer und auch einige reiche Ägypter versuchten, das Land zu verlassen. Das Auswärtige Amt verschärfte am Sonntagabend seine Reisewarnung und riet von Reisen nach Ägypten ab. Die deutsche Botschaft in Kairo soll verstärkt werden, um ausreisewilligen Deutschen zu helfen. Es verschärfte die Sicherheitshinweise und riet von Reisen nach Kairo und ins Landesinnere ab. Die US-Regierung forderte ihre Bürger auf, Ägypten zu verlassen. Zusätzliche Flüge von Kairo aus sollten Ausländer in Sicherheit bringen.

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