Ägypten und Israel:Allianz auf dem Sinai

Ägypten und Israel: Auf heiklem Terrain: Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi.

Auf heiklem Terrain: Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi.

(Foto: AFP)
  • Mit Erlaubnis des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi sollen israelische Kampfjets Luftangriffe auf den IS auf ägyptischem Hoheitsgebiet fliegen, berichtet die New York Times.
  • Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern ist seit Jahren eng, mit Ägypten hat israel einen Friedensvertrag und diplomatische Beziehungen.
  • Für Ägyptens Präsidenten könnte die Enthüllung zum Problem werden: Große Teile der Bevölkerung und des Militärs dürften die Zusammenarbeit ablehnen.

Von Alexandra Föderl-Schmid und Paul-Anton Krüger, Tel Aviv/Kairo

Waren die Fronten im Nahen Osten Jahrzehnte lang klar, stellen stillschweigende Zweckallianzen immer mehr alte Gewissheiten infrage. Israel war einst der Hauptgegner der arabischen Staaten, mittlerweile arbeiten etliche von ihnen mehr oder weniger eng mit dem jüdischen Staat zusammen, wenn auch im Geheimen. Die gemeinsamen Feinde etwa mit den sunnitischen Golfstaaten sind jetzt: Iran, Hisbollah und dschihadistische Gruppen wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sowie die islamistische Muslimbruderschaft. Wesentlich weiter als bekannt geht laut der New York Times die Sicherheitszusammenarbeit zwischen Israel und Ägypten, neben Jordanien das einzige arabische Land, das mit Israel einen Friedensvertrag hat und diplomatische Beziehungen.

Demnach flogen israelische Kampfjets, Kampfhubschrauber und Drohnen seit Oktober 2015 mit Einverständnis des ägyptischen Staatspräsidenten Abdel Fattah al-Sisi mehr als 100 Luftangriffe auf Ziele im Nordsinai, mithin also auf ägyptischem Staatsgebiet. Damals hatte der IS-Ableger im Nordsinai ein russisches Passagierflugzeug mit 224 Menschen an Bord kurz nach dem Start im Badeort Scharm el-Scheich vom Himmel gebombt. Die Terrorgruppe Ansar Beit el-Maqdis, die seit mindestens 2011 in dem Gebiet aktiv war, hatte sich im November 2014 dem IS angeschlossen und verfügte neben dem libyschen IS-Ableger über die engeste Anbindung an die IS-Zentrale in Syrien und Irak.

Für al-Sisi könnte die Enthüllung zum Problem werden

Seit der Machtübernahme im August 2013 in Kairo führt die Armee Krieg gegen die Dschihadisten, die auch Israel als Bedrohung gelten - offenbar aus israelischer Sicht nicht effektiv genug. Bislang war bekannt, dass es Zusammenarbeit bei der Grenzsicherung gibt und Israel Ägypten Aufklärungsergebnisse und Zielkoordinaten weitergibt, die teilweise aus dem Einsatz von Drohnen stammen. Laut dem Bericht fliegen die israelischen Maschinen über dem Sinai ohne Hoheitsabzeichen. Die New York Times beruft sich auf sieben amerikanische und britische Quellen.

Politisch ist die Enthüllung vor allem für den zunehmend autoritär agierenden Staatschef in Kairo ein Problem. Dort sei die Zusammenarbeit nur einem kleinen Kreis von Offizieren und Regierungsmitarbeitern bekannt gewesen, schreibt der frühere Kairoer Büroleiter des Blattes - die Ablehnung dürfte bis tief in die Armee und den Sicherheitsapparat reichen. In Israel habe die Militärzensur Publikationen verhindert, weil Schaden für die Stabilität Ägyptens befürchtet worden sei. Das bestätigte inzwischen die Jerusalem Post.

Die Kooperation zwischen Israel und Ägypten ist eng

Offiziell attackiert Kairo Israel immer wieder scharf und stellt sich als Verfechter der Rechte der Palästinenser dar. Jüngst musste sich ein Akademiker von Kollegen des "Verrats am ägyptischen Volk und den Palästinensern" zeihen lassen, weil er an einer Konferenz in Tel Aviv teilnahm. Gleichzeitig hatte die Regierung in Kairo versucht, die Entscheidung von Präsident Donald Trump zur Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem herunterzuspielen. Jede Einschränkung der Souveränität ist in Ägypten extrem heikel: Klar wurde dies etwa bei der Rückgabe der Inseln Tiran und Sanafir an Saudi-Arabien. Die Regierung sah sich in der Folge mit den größten Protesten seit Sommer 2013 konfrontiert.

Seitens der israelischen Armee gibt es wie bislang auch in Ägypten keine offizielle Reaktion. In Armeekreisen wurde der Bericht aber bestätigt. Der IS sei der gemeinsame Feind, ein Erstarken auf dem Sinai betreffe auch Israels Sicherheitsinteressen. Um die Operationen zu verschleiern flogen die israelischen Flugzeuge laut der New York Times Umwege und verschiedene Routen. Die Kooperation zwischen Israel und Ägypten ist aber seit Jahren eng, während der UN-Vollversammlung im September 2017 in New York traf sich der israelische Premier Benjamin Netanjahu mit Präsident Sisi zum bilateralen Austausch.

Netanjahu soll sich in Washington 2014 dafür eingesetzt haben, dass die USA Sisi als Machthaber akzeptieren. Ägypten trägt die von Israel initiierte Blockade des Gazastreifens mit aus Furcht vor einem Austausch zwischen militanten Extremisten auf dem Sinai und der radikalislamistischen Hamas, dem Islamischen Dschihad und den zunehmend aktiver werdenden salafistischen Gruppierungen im Gazastreifen. Seit 1979 gibt es einen Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten, der in Teilen des Sinai demilitarisierte Zonen vorschreibt. Israel hatte Ägypten bereits gestattet, weit jenseits der entsprechenden Linien mit schwerem Kriegsgerät zu operieren und seine Truppen dort über die Limits zu verstärken.

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