Ende eines langjährigen Kriegseinsatzes: Zwei Wochen früher als angekündigt haben fast alle US-Kampftruppen nach amerikanischen Medienberichten den Irak verlassen. Ein Konvoi mit den letzten Soldaten einer Kampfeinheit habe am frühen Donnerstag die Grenze nach Kuwait überschritten, berichteten US-Fernsehsender. Vom Weißen Haus gab es es allerdings noch keine klare Bestätigung. Der Abzug war ursprünglich für den 31. August geplant.

Dies markiere nach siebeneinhalb Jahren das Ende der "Operation Iraqi Freedom" ("Operation Irakische Freiheit"), zitierte der Sender MSNBC den Sprecher des US-Außenministeriums Philip Crowley. Es handele sich um einen historischen Moment. "Wir beenden den Krieg ... aber wir beenden nicht unsere Arbeit im Irak."
Der Sender berichtete über eine gewisse Verwirrung in der Informationspolitik des Weißen Hauses. So sei auf der Webseite des Weißen Hauses zunächst das "Ende des Kampfeinsatzes im Irak" verkündet worden. Später habe es dann geheißen, dass das offizielle Ende der Operation am 31. August sei.
Die Washington Post zitierte ihrerseits den Offizier Steven DeWitt, der beim Erreichen der kuwaitischen Grenze erklärte: "Wir haben die Operation abgeschlossen." US-Präsident Barack Obama hatte am Mittwochnachmittag vor Bekanntwerden der Nachricht gesagt: "Wir halten das Versprechen, das wir gemacht haben. Unsere Kampfmission drüben im Irak wird vorbei sein." Der Präsident wollte am Mittag (Ortszeit) in den Urlaub fliegen. Es wurde erwartet, dass er sich vorher zm Abzug äußert.
Der Rückzug der Truppen hatte nach Angaben der Washington Post bereits am Samstag begonnen. Die Soldaten und schweres Gerät hätten den knapp 600 Kilometer langen Weg über Land zurücklegen müssen. In die Armee eingebettete Reporter mussten der Zeitung zufolge bis zum Donnerstag Stillschweigen über den Rückzug bewahren, um die Truppen nicht in Gefahr zu bringen. Nach Informationen des Fernsehsenders CNN sind nun noch 56.000 US-Soldaten im Land. 6000 weitere, die Teil von Spezialeinheiten sind, sollen bis Ende des Monats den Irak verlassen. Der Nachrichtensender Fox News berichtete, es gebe noch Kampftruppen mit einer Stärke von 2600 Mann im Irak, die aber auch in den kommenden Tagen abziehen würden.
Politisches Vakuum
Am 1. September beginnt die Operation "New Dawn" (Neubeginn). Dabei sollen die verbleibenden rund 50.000 US-Soldaten die irakischen Sicherheitskräfte weiter militärisch ausbilden und ihnen bei der Terrorbekämpfung helfen. Diese restlichen regulären amerikanischen Truppen sollen nach dem Willen Obamas den Irak bis Ende 2011 verlassen. Der Präsident hatte den kompletten Rückzug damit begründet, sich verstärkt auf den Anti-Terror-Kampf in Afghanistan konzentrieren zu wollen. Nach Informationen der New York Times wollen die USA nun bis zu 7000 private Sicherheitskräfte einstellen, um ihre Diplomaten und Mitarbeiter nach Abzug der letzten Soldaten zu schützen.
Das Ende der Kampfoperationen gilt als großer Einschnitt für die irakische Regierung, da sie größere Verantwortung für die Sicherheit in dem Land übernehmen muss. Allerdings gibt es auch fünf Monate nach den Parlamentswahlen noch immer keine neue Regierung. Eine jüngste Runde von Verhandlungen zwischen den beiden stimmstärksten Blöcken, der Rechtsstaat-Allianz des amtierenden Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki und der Al-Irakija-Liste des Wahlsiegers Ijad Allawi, war zu Wochenbeginn erneut abgebrochen worden.
Das politische Vakuum und der Abzug der US-Kampftruppen hatte in den vergangenen Monaten die Aufständischen zu verstärkten Angriffen auf die irakischen Sicherheitskräfte ermuntert. Erst am Dienstag ereignete sich der schwerste Einzelanschlag im Irak seit Jahresbeginn. Bei einem Attentat auf Armee-Bewerber in Bagdad kamen 58 Menschen ums Leben. Im Mai waren bei einer Serie von Attentaten fast 100 Menschen getötet worden. Seit der Invasion des Landes im März 2003 starben mehr als 4400 US-Soldaten in dem Krieg.