Süddeutsche Zeitung

Terrormiliz:IS-Chef Baghdadi meldet sich angeblich per Video zurück

  • Erstmals seit knapp fünf Jahren ist der IS-Anführer Abu Bakr al- Baghdadi wieder in einem Propaganda-Video erschienen.
  • Das Video wurde von al-Furqan veröffentlicht, einem Medienkanal, der immer wieder Propagandaveröffentlichungen des IS in Umlauf gebracht hat.
  • In dem Video werden die Terrorangriffe auf Sri Lanka zu Ostern als Vergeltung für die Niederlage des IS in Baghus bezeichnet.

Von Paul-Anton Krüger

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat am Montag im Internet ein neues Video veröffentlicht, in dem offenbar ihr Anführer Abu Bakr al-Baghdadi zu sehen ist. Einige Indizien sprechen dafür, dass die mehr als 18 Minuten dauernde Aufnahme authentisch ist und tatsächlich Baghdadi zeigt. Es wäre das erste Video von ihm seit seiner Ansprache in der später zerstörten Nuri-Moschee von Mossul, mit der er im Juli 2014 zum Beginn des Fastenmonats Ramadan den Islamischen Staat und sich selbst zum Kalifen ausrief.

Es gab wiederholt Berichte, Baghdadi sei bei Luftangriffen der von den USA geführten internationalen Militärkoalition im Irak oder in Syrien getötet oder zumindest schwer verletzt worden. Daran knüpfte sich immer auch die Frage, welche Rolle Baghdadi in der Kommandostruktur des IS spielte, vor allem bei der Planung von militärischen Operationen in Irak und Syrien und Terroranschlägen im Ausland. Die letzte Audiobotschaft, die Baghdadi zugeschrieben wurde, hatte der IS im vergangenen August veröffentlicht.

Er nimmt Bezug auf aktuelle Ereignisse wie die Terroranschläge in Sri Lanka

Das Video wurde von al-Furqan lanciert, einem Medienkanal, der immer wieder wichtige Propagandaveröffentlichungen des IS in Umlauf gebracht hat. Der Mann in dem Video, der mit einer Kalaschnikow an seiner Seite in schwarzem Gewand auf einem Polster am Boden sitzt und mit anderen, unkenntlich gemachten Kämpfern spricht, weist starke Ähnlichkeiten mit bekannten Aufnahmen Baghdadis auf, ohne dass es zunächst eine Bestätigung der Identität gab. Er bezieht sich in dem Gespräch mit den Männern auf Ereignisse der jüngeren Vergangenheit.

Er räumt den Verlust des Kalifats im Zuge der Schlacht um Baghus in Syrien Ende März ein, dem letzten Rückzugsort des IS. Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), hauptsächlich kurdische Milizen, hatten dort mit Unterstützung der von den USA geführten Koalition die verbliebenen Gebiete zurückerobert, die der IS noch kontrollierte.

In dem Video werden die Terrorangriffe auf Sri Lanka zu Ostern als Vergeltung für die Niederlage des IS in Baghus bezeichnet. Allerdings ist in diesem Teil des Videos nur eine Audioaufnahme mutmaßlich von Baghdadi zu hören. Das könnte darauf hindeuten, dass diese Passage nachträglich hinzugefügt wurde.

US-Präsident Trump hatte den IS für besiegt erklärt

Westliche Geheimdienste hatten Baghdadi im irakisch-syrischen Grenzgebiet vermutet, das mit seinen Wüstengebieten Verstecke bietet. Vertreter der Kurden-Milizen, die in Syrien gegen den IS kämpften, sagten zuletzt, sie glaubten, dass sich der Anführer der Terrormiliz nicht mehr in Syrien aufhalte. Sie sagten aber auch, dass der IS nach wie vor über eine intakte Kommandostruktur verfüge, über Kommunikationsmittel und sich als Untergrundorganisation neu organisiere. US-Präsident Donald Trump hatte den IS dagegen für besiegt erklärt.

Der Mann in dem Video spricht zudem über Operationen des IS in Libyen und begrüßt die Treuerklärungen von Kämpfern in Burkina Faso und Mali, zwei Länder, die Bundeskanzlerin Angela Merkel neben Niger diese Woche besucht. Die Sahel-Zone gilt Geheimdiensten als möglicher neuer Operationsraum des IS. Der IS hatte dort in den vergangenen Monaten einige Angriffe für sich reklamiert, aber auch die Anschläge in Sri Lanka und zuvor Attentate in Saudi-Arabien und Ägypten. Offenbar geht es der Terrormiliz darum, Anhängern zu signalisieren, dass die Führungsspitze intakt und handlungsfähig ist. Mit Blick auf die Gefechte in Baghus spricht der Mann in dem Video davon, dass der Kampf gegen die "Kreuzfahrer" und deren Anhänger lang sei, ein "Abnutzungskrieg".

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SZ vom 30.04.2019/fie
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