Es geht um Leben oder Tod, Selbstbestimmung und religiöse Moralvorstellungen. Am Freitag hat Polens Parlament in Warschau über eine Verschärfung des Abtreibungsrechts beraten und es in der ersten Lesung bestätigt.
Im Land stehen sich zwei Lager gegenüber: das der Abtreibungsgegner und das der Befürworter von Schwangerschaftsabbrüchen. Der umstrittene Gesetzesentwurf, initiiert von der Bürgerinitiative "Stop Aborcji" (Stoppt Abtreibungen), wurde mit 267 Stimmen angenommen und zur Überarbeitung in einen Ausschuss weitergeleitet. 154 Abgeordnete stimmten gegen ein völliges Verbot, elf enthielten sich. Das polnische Unterhaus wird mehrheitlich von Premierministerin Beata Szydłos nationalkonservativer Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) dominiert, die Ende 2015 an die Macht kam.
Polens Abtreibungsgesetz schon jetzt rigide
Polen:Die Abtreibungsgegner der Neu-Rechten sind vor allem gegen Frauen
Viele neue Rechte, wie Donald Trump, die AfD und auch Polens Jaroslaw Kaczynski verteidigen niemanden so inbrünstig wie die Ungeborenen. Damit wollen sie Frauen ihre Version vom Glück vorschreiben.
Sollte der Vorschlag in geltendes Recht umgesetzt werden, droht Frauen und Ärzten, die gegen das Abtreibungsverbot verstoßen, eine mehrjährige Haftstrafe. Nur in einem Fall ist eine Abtreibung dann zulässig. Nämlich, wenn Lebensgefahr für die Schwangere besteht.
Im Vorfeld der Abstimmung gab es starken Protest gegen den Gesetzesentwurf. Denn in Polen gilt ohnehin schon heute eines der schärfsten Abtreibungsgesetze Europas. Derzeit darf eine Frau ihr ungeborenes Kind in drei Fällen abtreiben: Wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, das Kind schwer krank oder behindert ist oder es durch ein Verbrechen oder durch Inzest gezeugt wurde.
Bisher kann ein Verstoß mit zwei Jahren Haft bestraft werden, tritt das neue Gesetz in Kraft, sind bis zu fünf Jahre möglich. 2014 wurden in Polen nach Angaben des staatlichen Gesundheitsfonds 1812 Abtreibungen registriert. Frauenrechtlerinnen schätzen, dass jährlich etwa 100 000 Polinnen illegal eine Schwangerschaft abbrechen - viele davon im Ausland.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein derartig lautender Gesetzentwurf ins Unterhaus des Parlaments, das Sejm, eingereicht wird. 100 000 Unterschriften sind nötig, damit sich das Parlament mit einem Bürgeranliegen befasst. Die Stop-Aborcji-Bewegung hatte 460 000 Unterschriften gesammelt. Auch die Kirche ist auf der Seite der Abtreibungsgegner. Anfang April war auf Geheiß der nationalen Bischofskonferenz im Sonntagsgottesdienst aller katholischen Kirchen ein Hirtenbrief verlesen worden. Darin formulierte die Kirche ihre Unterstützung für das Bürgerbegehren.
In den sozialen Netzwerken formiert sich derweil Widerstand gegen die Entscheidung. Unter dem Hashtag #czarnyprotest (schwarzer Protest) protestieren Frauen in schwarzer Kleidung gegen die Entmündigung der Frau und die Politisierung des weiblichen Körpers.
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