Absturz von Flug MH17:Verdächtige Transporte

Absturz von Flug MH17: Kurzer Augenblick: Zeigt dieses Bild das Buk-Raketensystem, mit dem Flug MH17 möglicherweise abgeschossen wurde?

Kurzer Augenblick: Zeigt dieses Bild das Buk-Raketensystem, mit dem Flug MH17 möglicherweise abgeschossen wurde?

(Foto: AP)

Auf Amateurvideos soll zu sehen sein, wie ein Konvoi Bauteile eines Raketensystems aus der Ostukraine nach Russland zurückbringt. Wurde die Boeing 777 damit abgeschossen?

Von Kim Björn Becker

Für die einen ist es nur ein einfacher Militärtransport, für die anderen ein schlagender Beweis. Im Internet kursieren mehrere Videos, die eine Erklärung dafür liefern sollen, unter welchen Umständen Flug MH17 vor wenigen Tagen über der Ostukraine abgestürzt ist: Russland soll die prorussischen Rebellen in der Ostukraine mit einem Buk-Raketensystem ausgestattet haben, heißt es. Die Amateurvideos sollen nun zeigen, wie das System nach dem Abschuss der Boeing 777 über der Ostukraine wieder zurück nach Russland gebracht worden ist.

Die Regierung in Moskau weist entsprechende Spekulationen zurück. Russland habe den Rebellen "weder Buk-Raketensysteme noch andere Arten von Waffen oder militärischen Geräten" geliefert, sagte Andrej Kartapolow vom Generalstab der russischen Armee.

Autofahrer filmt einen verdächtigen Militär-Konvoi

Auf einem etwa zwei Minuten langen Film ist ein Konvoi aus zwei Tiefladern zu sehen, die angeblich ein Buk-Raketensystem transportieren sollen. Es soll sich darüber hinaus um jenes Abfangsystem handeln, mit dem die Boeing 777 der Fluggesellschaft Malaysian Airlines am vergangenen Donnerstag abgeschossen wurde.

Das Video wurde von einem Autofahrer aufgenommen, der an der Windschutzscheibe seines Fahrzeugs eine sogenannte Dashcam montiert hat. An einer Kreuzung, die sich angeblich bereits in Russland befindet, biegt der Konvoi vor dem Fahrer ein. Das Auto folgt den Transportern für wenige Kilometer, ehe sich ihre Wege an einer anderen Kreuzung wieder trennen.

Laut Zeitstempel ist die Aufnahme am vergangenen Samstagabend entstanden, zwei Tage nach dem Zwischenfall nahe der umkämpften ostukrainischen Stadt Donezk.

Tarn-Planen machen eine Zuordnung schwierig

Ob auf den Aufnahmen aber tatsächlich Bauteile eines Buk-Raketensystems zu sehen sind, ist umstritten. Zwar entspricht die Ladung in Größe und Form in etwa den Startrampen der Buk, allerdings ist sie von einer Plane bedeckt und damit nicht zweifelsfrei identifizierbar. Auch gilt es als unsicher, wo genau die Filmaufnahmen entstanden sind.

Ein zweites Video, das derzeit im Netz kursiert, zeigt abermals, wie ein Raketensystem von einem Tieflader transportiert wird. Die Aufnahmen, die vom ukrainischen Innenministerium in Kiew veröffentlicht wurden, sollen kurz nach dem MH17-Absturz entstanden sein. Der Lastwagen, der nur kurz im Bild ist, soll sich auf dem Weg in Richtung der Grenze zu Russland befinden.

Fehlt eine Rakete?

Folgt man der Theorie, dann müsste das kurze Video um einige Minuten oder wenige Stunden älter sein als das längere. Im Gegensatz zum ersten Film ist die Ladung in der kurzen Sequenz aber nicht verdeckt und es ist deutlich zu erkennen, dass es sich dabei um ein Raketensystem handelt. Im Netz wirkt spekuliert, ob eine der vier Raketen fehlt - eindeutig zu erkennen ist es aufgrund der ungünstigen Perspektive aber nicht.

Allerdings wird der Tieflader in dem kurzen Film von einem weißen Lastwagen gezogen, in der längeren Aufnahme ist der Triebwagen braun. Wenn es sich bei beiden Aufnahmen tatsächlich um denselben Transport handeln sollte, wäre das Zugfahrzeug auf seinem angeblichen Weg von der Ukraine nach Russland ausgetauscht worden.

Gegenseitige Beschuldigungen

Nach dem Absturz der Maschine am Donnerstagnachmittag bezichtigen sich die ukrainische Regierung in Kiew, prorussische Rebellen im Raum Donezk und die russische Regierung teilweise gegenseitig, für den Abschuss verantwortlich zu sein. Bereits am Sonntag hatte der amerikanische Außenminister John Kerry die Vermutung geäußert, dass die Maschine von einem Raketensystem abgeschossen worden sei, das den prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine von Russland gestellt wurde. "Es ist ziemlich klar, dass dieses System von Russland in die Hände der Separatisten gelangte", sagte Kerry dem US-Nachrichtensender CNN.

Vor allem könnte das Satellitensystem SBIRS den Vereinigten Staaten einen Hinweis darauf gegeben haben, von wo aus die Boeing abgeschossen wurde. Die Satelliten sind in der Lage, Infrarot-Signale einzufangen, die unter anderem von Boden-Luft-Raketen ausgesandt werden. Darüber hinaus sollen sie Radarsignale erkennen können, die von entsprechenden Anlagen zur Zielerfassung benötigt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: