Abstimmung zu Obamacare:Es wird knapp für Trumpcare

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Demonstrators hold signs during a protest against the repeal of the Affordable Care Act outside the Capitol Building in Washington

Hardliner und moderate Republikaner wollen an diesem Donnerstag nicht für die Abschaffung von Obamacare stimmen. Auch weil sie Sorge haben, dass Millionen Wähler sich rächen könnten.

(Foto: REUTERS)

Donald Trump will an diesem Donnerstag endlich einen Sieg einfahren und Obamacare beenden - die umstrittene Gesundheitsreform seines Vorgängers. Eine Gruppe Konservativer hält dagegen. Wichtige Fragen und Antworten.

Von Thorsten Denkler , New York

Das Ding soll auf keinen Fall Trumpcare heißen. Dem US-Präsidenten dürfte es sonst zwar kaum unangenehm sein, mit einem wichtigen Gesetz namentlich in Verbindung gebracht zu werden. Hängt er seinen Namen doch wo auch immer es geht in Gold an jede Hauswand. Es ist nur so: Trumps Amtsvorgänger Barack Obama hat mit dem Namen Obamacare für seine Reform der Krankenversicherung eher schlechte Erfahrungen gemacht.

Die Republikaner haben dem Gesetz, das eigentlich den Namen "Affordable Care Act" trägt, damals den Namen Obamacare verpasst, um die Reform mit dem Namen des von ihnen ungeliebten Präsidenten zu verknüpfen. Für sie ist Obamacare bis heute ein Schimpfwort. Und die Demokraten haben nun im Gegenzug das Gesetz, mit dem die Gesundheitsreform von Barack Obama gestutzt werden soll, mit dem Kampfbegriff Trumpcare versehen. In der Hoffnung, dass der Name Trump auf diese Weise auch einmal als Schimpfwort endet - zumindest bei den vielen Menschen, denen durch die Reform ein Verlust ihrer Krankenversicherung droht.

Geht es nach Donald Trump selbst, dann soll das neue Gesetz schlicht "American Health Care Act of 2017" heißen. An diesem Donnerstag stimmt das US-Repräsentantenhaus darüber ab. Es ist ein erster Schritt, mit dem die Republikaner eines ihrer großen Wahlversprechen einlösen wollen: die verhasste Obamacare-Krankenversicherung "abschaffen und ersetzen" (repeal and replace). Wobei längst nicht alle Republikaner glücklich sind mit Trumps Plänen. Es gibt sogar - aus Trumps Sicht - gefährlich viele Gegner in den eigenen Reihen. Ob Obamacare am Ende tatsächlich durch Trumpcare ersetzt wird, ist derzeit noch völlig offen.

Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Welche Chancen hat das Gesetz, in Kraft zu treten?

Tatsächlich steht es auf der Kippe. Wenn alle Demokraten die Vorlage der Republikaner ablehnen, dann dürfen nicht mehr als 21 Republikaner im Repräsentantenhaus mit Nein stimmen. Das klingt nach einer komfortablen Mehrheit, in Deutschland wäre damit ein Durchregieren problemlos möglich.

Nicht in den USA. Die Abgeordneten sind durchaus selbstbewusst. Und sie machen es sehr spannend. Die New York Times rechnet ständig aktualisiert mit, welche Republikaner für und welche gegen Trumps Krankenversicherungspläne sind: Stand Donnerstagmittag, 12 Uhr Ortszeit, haben sich von den 237 Abgeordneten der Republikaner erst 149 auf ein Ja festgelegt, 44 sind noch nicht sicher oder haben sich nicht klar geäußert, 15 haben Bedenken. Und 29 wollen mit Nein stimmen. Deutlich zu viele.

Die Zahlen können sich natürlich noch ändern. Über den ganzen Mittwoch gesehen haben die Neinstimmen allerdings leicht zugenommen.

Welche Republikaner sind es, die das neue Gesetz ablehnen?

Die Reihen der Gegner haben sehr unterschiedliche Hintergründe. Da gibt es die kleine und einflussreiche Gruppe "House Freedom Caucus", die vom Abgeordneten Mark Meadows geleitet wird. Mit ein paar anderen zusammen kommen diese Hardliner auf 34 Abgeordnete, von denen nach Stand der Dinge 16 gegen das Gesetz sind. Von den 57 eher moderaten Republikanern lehnen fünf das Gesetz ab. Und von den restlichen 146 Republikanern sind sieben dagegen.

Aber wie gesagt, die Zahlen ändern sich ständig. Sie zeigen aber, wie eng das Rennen ist.

Was haben die Hardliner gegen das Gesetz?

Eigentlich alles. Sie wollen Obamacare abschaffen, nichts anderes. Schon gar nicht wollen sie Obamacare ersetzen. Manche sprechen von einem "Obamacare light"-Gesetz, das ihnen US-Präsident Donald Trump jetzt schmackhaft machen wolle. Ihnen sträuben sich die Nackenhaare bei dem Gedanken, dass irgendetwas anderes als der freie Markt das Krankenversicherungssystem in den USA prägen könnte. Auf jeden Fall sollen die Kosten für die Prämien signifikant sinken.

Freedom-Caucus-Anführer Mark Meadows sagt: "Sie haben nicht genug Stimmen, um das Gesetz durchzubringen. Wir glauben, wir sollten noch einmal von vorne anfangen und ein Gesetz vorlegen, dass eindeutig die Prämien reduziert." Für den Donnerstag waren er und seine Weggefährten zum Rapport ins Weiße Haus geladen.

Auch das neue Gesetz sieht - wenn auch stark gekürzte - staatliche Hilfen für jene vor, die sich eine Krankenversicherung sonst nicht leisten können. Schon das ist den Hardlinern zu viel. Außerdem wollen sie weite Teile der garantierten Basisversorgung streichen, wie etwa Versorgung in der Schwangerschaft oder Rehabilitation.

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