Abschiebungen:Testflug nach Kabul

Abschiebung

Per Charter raus aus Deutschland: Ausgewiesene Ausländer besteigen auf dem Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden einen Jet, der sie in ihre Heimat bringen soll.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Innenminister Thomas de Maizière will afghanische Flüchtlinge zurück in ihre Heimat schicken. Das soll jetzt schnell gehen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Die Bundesregierung will noch im Februar Flüchtlinge und abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan zurückschicken. Um ihre "freiwillige Rückkehr und die zwangsweise Rückführung zu erleichtern", hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Innenminister der Länder um tatkräftige Unterstützung gebeten. Bei seiner Reise nach Kabul habe die afghanische Seite ihm die Rücknahme abgelehnter Asylbewerber zugesagt, teilte de Maizière dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Klaus Bouillon (CDU), mit. In dem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, heißt es: "Nun ist es notwendig, diese positiven Signale rasch in die Praxis umzusetzen."

Der Bundesinnenminister hatte Anfang Februar mit Afghanistans Staatspräsident Aschraf Ghani, verschiedenen afghanischen Ministern und Vertretern des Flüchtlingshilfswerks UNHCR über die Rückführung von Flüchtlingen aus Deutschland verhandelt. "Alle Gesprächsteilnehmer erkannten die Verpflichtung Afghanistans zur Rücknahme seiner Staatsangehörigen nach entsprechender Entscheidung über ihren Status durch deutsche Behörden an", schrieb de Maizière nach seiner Rückkehr an Saarlands Innenminister Bouillon. Die afghanische Regierung wolle ihren Beitrag zur "Eindämmung des Migrationsdrucks" leisten, man strebe den "baldigen Abschluss" einer gemeinsamen Absichtserklärung an. Schon jetzt aber solle die Zusage zügig in die Tat umgesetzt werden.

"Daher bitte ich Sie um Ihre Unterstützung, damit noch in diesem Monat mindestens ein Flug nach Afghanistan mit zurückkehrenden afghanischen Staatsangehörigen durchgeführt werden kann", so de Maizière. Im "bekannten Verfahren" seien "vollziehbar ausreisepflichtige" afghanische Staatsbürger "zur Rückkehr/Rückführung unverzüglich anzumelden". Dies trage, so der Minister, "zum raschen Abbau praktischer Vollzugshindernisse bei".

De Maizière hatte schon 2015 angekündigt, die Zahl afghanischer Flüchtlinge in Deutschland reduzieren zu wollen. Die Innenminister der Länder signalisierten Unterstützung für diese Haltung. Zugleich nehmen die Bundesländer in sehr unterschiedlichem Umfang Abschiebungen vor. Von den 20 916 Personen, die im vergangenen Jahr aus Deutschland abgeschoben wurden, entfielen nach einem Bericht der Welt 4395 auf Nordrhein-Westfalen, 4195 auf Bayern, 898 auf Berlin und 43 auf den Stadtastaat Bremen. Bei Flüchtlingen aus Afghanistan, deren Zahl steigt, gibt es zudem Bedenken, ob bei einer Abschiebung von Sicherheit am Herkunftsort ausgegangen werden kann.

Nach seiner Rückkehr aus Afghanistan hatte de Maizière hierzu im ZDF gesagt, er halte Afghanistan nicht für ein sicheres Herkunftsland. Aber es gebe sichere Gebiete, etwa im Norden des Landes. Rückführungen sollten nur in "sichere Bezirke" vorgenommen werden. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes betonte am Mittwoch, bei Abschiebungen nach Afghanistan müsse man "auf den Einzelfall schauen" und Faktoren wie Herkunft, Volkszugehörigkeit und Lebensumstände berücksichtigen.

Nicht jeder hält das für realistisch. "Selbst wenn sich für die Rückkehrer Orte finden, die jetzt sicher sind - es ist unklar, ob sie in absehbarer Zeit noch sicher sein werden", sagte der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich. Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke kritisierte die Aufforderung des Bundesinnenministers an die Länder scharf. "Ich halte es für einen Riesenskandal, dass hier auf vertraulicher Ebene vereinbart wird, Menschen zusammenzuschieben und in ein Kriegsland zurückzuschicken", sagte sie. Das Auswärtige Amt habe in seinem Lagebericht selbst auf die mangelnde Sicherheit in Afghanistan hingewiesen, "auch da, wo Sicherheitskräfte tätig sind".

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