Süddeutsche Zeitung

Abschiebung:"Kalif von Köln" will sich weiter dulden lassen

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Der Islamistenführer Metin Kaplan ist auch nach der Fahndungspanne und der Aufhebung des Haftbefehls nicht wieder aufgetaucht. Er hält sich nach Angaben seiner Anwältin aber in Köln auf. Per Fax hat der 51-Jährige seine weitere Duldung beantragt.

Für Dienstag lud ihn das Ausländeramt deshalb vor. Am selben Tag muss sich der Extremist bei der Polizei melden.

Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hatte am Mittwoch einer Abschiebung Kaplans in die Türkei grundsätzlich zugestimmt, zugleich aber Revision zugelassen. In den nächsten beiden Monaten darf Kaplan deshalb nach einem Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts nicht abgeschoben werden.

Nach Angaben der Kaplan-Anwältin Ingeborg Naumann hält sich der Islamist in Köln auf. Er werde sich sich Anfang nächster Woche ordnungsgemäß bei der Polizei melden, kündigte Naumann mit Blick auf dessen Auflagen an. Der nach ihrer Darstellung schwer krebskranke Kaplan werde "sich persönlich melden, oder ein neues ärztliches Attest vorlegen".

CDU fordert elektronische Fußfesseln für Islamisten

Den Auflagen zufolge darf der selbst ernannte "Kalif von Köln" die Stadt nicht verlassen und muss sich turnusmäßig am kommenden Dienstag bei der Polizeiwache in Köln-Chorweiler melden.

Die Stadt habe Kaplan offiziell vorgeladen, sagte Sprecherin Inge Schürmann. Danach werde über seinen Duldungsantrag entschieden.

Nach dem Verschwinden des Islamistenführers Metin Kaplan hat Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) elektronische Fußfesseln für islamische Extremisten gefordert. "Ich werde das Thema bei der kommenden Innenministerkonferenz Anfang Juli ansprechen", sagte Schünemann der dpa am Freitag in Hannover. Er werde bei seinen Kollegen dafür werben, elektronische Fußfesseln als Sanktionsform im Polizeirecht zu verankern, kündigte Schünemann an.

Innenminister Behrens: Misslicher Vorgang

Die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), kritisierte im Südwestrundfunk den jüngsten Gerichtsbeschluss im Fall Kaplan. Sie frage sich, "wie wir das dem Durchschnittsbürger noch erklären sollen."

Sie wolle "ungern als Politiker die Justiz schelten", aber in der Auseinandersetzung mit Islamisten zeige sich auch andernorts, dass das "Instrumentarium des Rechtsstaates" in Deutschland nicht konsequent genug angewandt werde, sagte Sonntag-Wolgast.

Der nordhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens sprach am Donnerstagabend im ZDF von einem "misslichen Vorgang". Die Polizei habe sich aber nur an die Rechtsvorschriften gehalten.

Polizei: Rechtsstaat hat sich lächerlich gemacht

Er gehe davon aus, dass sich Kaplan nach Aufhebung des Haftbefehls wieder bei der Behörde melde, bei der er sich seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis melden müsse. Wenn er aufgetaucht sei, werde er auch wieder beobachtet.

Gefahndet nach ihm werde nicht. Er verstehe, dass dies für die Bürger schwer verständlich sei, sagte der SPD-Politiker. Das könne für die Polizei aber kein Grund sein, sich nicht an die geltenden Vorschriften zu halten.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sagte, der Rechtsstaat habe sich lächerlich gemacht. "Der Fall Kaplan zeigt die Hilflosigkeit in unserm Staat bei der Terrorbekämpfung", wird er vom NDR zitiert.

Kaplan droht in der Türkei ein Prozess wegen Hochverrats.

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