Süddeutsche Zeitung

Absage nach Italien-Wahl:Italiens Präsident Napolitano lässt Steinbrück abblitzen

Das Abendessen in Berlin ist abgesagt: Italiens Staatspräsident will sich doch nicht mit Steinbrück treffen. Napolitano reagiert damit auf dessen umstrittenen Kommentar zur Wahl in Italien. Er hatte Berlusconi und Grillo als "Clowns" bezeichnet. Scharfe Kritik am Kanzlerkandidaten übt auch CDU-Politiker Polenz.

Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano hat ein seit längerem geplantes Treffen mit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück abgesagt. Als Grund gab Steinbrücks Sprecher umstrittene Äußerungen des SPD-Politikers zum Wahlausgang in Italien an. Steinbrück hatte gesagt, er sei "entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben". Napolitano habe seine Absage mit Verweis auf diesen Kommentar erklärt.

Steinbrück habe für den Rückzug "aufgrund der innenpolitischen Situation in Italien Verständnis", sagte der Sprecher weiter. Der italienische Präsident wollte Steinbrück im Berliner Hotel Adlon zum Abendessen treffen. Napolitano hält sich derzeit zu einem Besuch in Deutschland auf.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), hat Steinbrück wegen dessen Äußerungen zum italienischen Wahlausgang scharf kritisiert: "Steinbrück hat wie ein preußischer Rittmeister schwadroniert und nicht wie jemand, der in Deutschland Kanzler werden will", sagte Polenz der Süddeutschen Zeitung (Donnerstag-Ausgabe). Bei aller Deutlichkeit der Kritik dürfe man bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Dies scheine Steinbrück "immer noch schwerzufallen", sagte Polenz und erinnerte an Steinbrücks umstrittene Kavallerie-Äußerungen gegenüber der Schweiz in seiner Zeit als Finanzminister.

Polenz hatte sich vor der Wahl in Italien ebenfalls kritisch, aber moderater in der Wortwahl über Berlusconi geäußert.

Dagegen nahm der SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer den Kanzlerkandidaten in Schutz: "Die Absage ist für mich unverständlich. Das, was Berlusconi über Jahre betrieben hat, steht für die Zerstörung jeglicher politischen Kultur", sagte Schäfer der SZ. "Mit dem Wort Clown ist er damit meines Erachtens noch gut bedient."

Steinbrück hatte sich zur Wahl in Italien auf einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Potsdam geäußert, die sinnigerweise unter dem Motto "Klartext mit Peer Steinbrück" stand. Einer der Clowns, erklärte Steinbrück weiter, sei der Komiker Beppo Grillo, "ein beruflich tätiger Clown, der auch nichts dagegen hat, wenn man ihn so nennt". Berlusconi sei "definitiv ein Clown mit einem besonderen Testosteron-Schub". Damit hatte Steinbrück auf Berlusconis Sex-Affären angespielt."

Der SPD-Kanzlerkandidat kommentierte mit seinen Äußerungen das Abschneiden des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und des Spitzenkandidaten der Protestbewegung Fünf Sterne, Beppe Grillo. "Mein Eindruck ist, dass zwei Populisten gewonnen haben", sagte Steinbrück.

Mittlerweile sollen Steinbrück und Napolitano ein "klärendes Telefongespräch" geführt haben, teilte Steinbrücks Sprecher am Mittwoch mit. Dabei sei "alles ausgeräumt" worden. Um eine Entschuldigung seitens des Kanzlerkandidaten habe es sich aber nicht gehandelt.

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dpa/Reuters/sebi
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