Süddeutsche Zeitung

Abrüstung:Syrien kann keine Chemiewaffen mehr herstellen

Der diplomatische Druck hat offenbar Wirkung erzielt: Syrien soll seine Produktionsstätten für chemische Kampfstoffe komplett zerstört haben, das Land kann keine Kampfstoffe mehr herstellen. Die seit langem geplante Genfer Friedenskonferenz lässt hingegen weiter auf sich warten - die USA und Russland werden sich nicht einig.

Syrien hat nach Angaben der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) alle deklarierten Anlagen zur Giftgas-Produktion zerstört. Das berichteten die Inspekteure der Kontrollbehörde am Donnerstag in Den Haag. Man sei mit dem bisherigen Fortschritt zufrieden, hieß es in einem OPCW-Bericht, auf den sich die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP berufen. An keinem der von Syrien gemeldeten 23 Standorte könnten noch Chemiewaffen hergestellt werden.

Damit hielt die Führung in Damaskus eine wichtige Frist im Rahmen der international vereinbarten Vernichtung seiner Chemiewaffen ein. Der von den USA und Russland ausgehandelte Plan sieht vor, dass Syrien alle seine Geräte zur Giftgas-Herstellung bis zum 1. November unter Aufsicht der OPCW zerstört. Nach der Resolution des UN-Sicherheitsrates muss Syrien bis Mitte 2014 auch alle Chemiewaffen vernichtet haben.

Die Inspekteure der gemeinsamen Mission der UN und der OPCW kehrten am Donnerstag aus Damaskus nach Den Haag zurück. Sie hatten nach Angaben der Organisation in Syrien 21 der 23 Standorte und 39 der 41 Produktionsstätten an diesen Orten überprüft. Die restlichen zwei seien aus Sicherheitsgründen noch nicht kontrolliert worden. "Aber Syrien erklärte, dass diese Standorte aufgegeben und die dortigen Anlagen ihres Chemiewaffen-Programms an andere Standorte verlagert wurden, die kontrolliert wurden", heißt es in der Erklärung der OPCW.

"Alle Anlagen kontrolliert"

Die Inspekteure gingen davon aus, dass "sie alle von Syrien angegeben Anlagen zur Produktion und zum Mischen und Füllen von Waffen sowie deren Zerstörung kontrolliert haben". Angesichts der Fortschritte seien zur Zeit keine weiteren Inspektionen geplant. Bis zum 15. November muss nun der Exekutivausschuss der Behörde dem von Syrien vorgelegten Plan zur Vernichtung aller C-Waffenbestände zustimmen.

Die Vereinbarung zu den syrischen Chemiewaffen war unter russisch-amerikanischer Vermittlung zustande gekommen. Nach einem Chemiewaffen-Einsatz am 2. August nahe Damaskus hatten die USA mit einem Militärschlag gedroht. Daraufhin stimmte Syrien dem Vorschlag zur Vernichtung seines Giftgas-Arsenals zu.

Konferenz ungewiss

In der Frage einer syrischen Friedenskonferenz kommen sich die Parteien weiterhin nicht näher. Nach dem jüngsten Treffen des UN-Syrienvermittlers Lakhdar Brahimi mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad erscheint die für Ende November geplante Friedenskonferenz in Genf weiterhin ungewiss. "Weder die Syrer noch die Opposition haben irgendetwas Neues für Genf-2 auf den Tisch gelegt", sagte ein westlicher Diplomat in Beirut der Nachrichtenagentur dpa. "Die Voraussetzungen für die Abhaltung einer solchen Konferenz sind immer noch nicht gegeben."

Der für den 23. November geplante Termin wird westlichen und arabischen Diplomaten zufolge wegen Differenzen zwischen den USA und Russland wohl nicht zustande kommen. Beide Großmächte sind sich uneins darüber, wie die Gegner von Präsident Baschar al-Assad in Genf vertreten sein sollen.

Brahimi hielt sich am Donnerstag weiter in Damaskus auf. Bei seinem Treffen mit Assad hatte dieser am Vortag verlangt, dass die Unterstützung der "Terroristen" durch den Westen und mehrere arabische Staaten aufhören müsse. Mit Terroristen meint Assad die Aufständischen.

"Ein klareres Bild wird sich nach dem Treffen der USA und Russlands in der kommenden Woche herausschälen, aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich der 23. November nur schwer halten lässt", sagte einer der an den Vorbereitungen beteiligten Informanten der Nachrichtenagentur Reuters. Für Zündstoff sorgt vor allem, welche Rolle die vom Westen unterstützte Nationale Koalition spielen soll.

Bei einem Treffen westlicher und arabischer Staaten wurde vorige Woche in London die Forderung erhoben, dass eine Regierungsdelegation und eine der Opposition am Tisch in Genf sitzen sollen. Die Syrische Nationale Koalition soll nach diesem Szenario den Kern der Assad-Gegner bilden und deren Abordnung auch anführen.

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