Abmahn-Industrie:Deutscher Anwaltverein kritisiert Justizministerin Barley und deren Gesetzentwurf

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) 2018 in Berlin

Justizministerin Barley hatte der Süddeutschen Zeitung gesagt, mit ihrem Gesetz wolle sie "endlich einen Schlussstrich unter das grassierende Abmahnunwesen ziehen".

(Foto: dpa)

Die Angst vor einer Abmahn-Industrie werde zu Unrecht geschürt, sagt DAV-Präsident Schellenberg.

Von Robert Roßmann, Berlin

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) übt deutliche Kritik an Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und deren Gesetzentwurf gegen missbräuchliche Abmahnungen. DAV-Präsident Ulrich Schellenberg sagte der Süddeutschen Zeitung, von einem "grassierenden Abmahnunwesen", das Barley beklage, könne "keine Rede sein, wenn in einem Rechtsstaat Mandanten ihr Recht in Anspruch nehmen".

Die Angst vor einer "Abmahnindustrie" werde zu Unrecht geschürt, sagte Schellenberg. Im Gesetzesentwurf heiße es, zehn Prozent aller Abmahnungen seien "missbräuchlich". Dafür gebe es aber "bis heute keinerlei belegbare Zahlen". Außerdem könnten Abmahnungen "nur erfolgen, wenn es hierfür eine gesetzliche Grundlage gibt". Und Abmahnungen gebe es "überhaupt nur, weil der Staat im Werberecht, im Urheberrecht oder beim Datenschutz die Rechtsdurchsetzung Privaten überlässt". Wenn man dies ändern möchte, "müsste man eine Aufsichtsbehörde einrichten, die dann Verstöße verfolgt". Außerdem gelte: "Wer zu Unrecht abgemahnt wird, kann dies immer auch gerichtlich überprüfen lassen."

Es gibt Anwälte und Vereine, die aus Abmahnungen ein Geschäftsmodell gemacht haben

Justizministerin Barley hatte am Dienstag dem Bundestag einen Gesetzentwurf "zur Stärkung des fairen Wettbewerbs" zugeleitet. Der Süddeutschen Zeitung hatte Barley gesagt, mit diesem Gesetz wolle sie "endlich einen Schlussstrich unter das grassierende Abmahnunwesen ziehen". Um dies zu erreichen, wolle sie "die finanziellen Anreize für Abmahner verringern" und die Voraussetzungen für Abmahnungen erhöhen. Gleichzeitig würden "die Rechte des Abgemahnten gestärkt" und der sogenannte fliegende Gerichtsstand abgeschafft. Ein Abmahner könne sich künftig "also nicht mehr einen für sich günstigen Gerichtsort aussuchen". Dadurch würde "dem Geschäftsmodell der Abmahn-Industrie" die Grundlage entzogen.

Es gibt Anwälte und Vereine, die aus Abmahnungen ein Geschäftsmodell gemacht haben. Sie suchen nach kleinen Fehlern in Internetauftritten, etwa im Impressum oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Darauf reagieren sie dann mit einer Abmahnung und der Aufforderung, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Bei jedem Folgefehler können sie abkassieren.

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