Süddeutsche Zeitung

Abholzungen im Amazonas-Gebiet:Brasiliens Präsidentin blockiert umstrittenes Waldgesetz

Bis zum Jahr 2020 soll in Brasilien die Abholzung der Regenwälder um 80 Prozent zurückgehen - doch von diesem Ziel ist die Regierung noch weit entfernt. Der Agrar-Lobby ist es bisher gelungen, weitere Rodungen durchzusetzen und das geplante Waldgesetz abzuschwächen. Doch jetzt hat Präsidentin Rousseff gegen wichtige Punkte ihr Veto eingelegt.

Umweltschützer protestieren seit Monaten heftig gegen die Gesetzesnovelle. Einen "Freibrief für Abholzungen" nennen sie die von brasilianischen Kongress beschlossenen Regelungen - und das ausgerechnet im Amazonas-Gebiet, dem größten zusammenhängenden Regenwald der Welt.

Jetzt hat Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff wichtige Teile des umstrittenen Gesetzes blockiert. Gegen zwölf Punkte des Entwurfs legte sie ihr Veto ein und nahm zudem 32 Änderungen vor. Damit will sie Amnestieregelungen für illegale Rodungen und eine weitere Zunahme der Waldzerstörung verhindern.

Brasiliens Umweltministerin Izabella Teixeira hatte die Öffentlichkeit bei einer Pressekonferenz mit Agrarminister Mendes Ribeiro Filho am Freitag über die Entscheidung der Staatschefin informiert. Details sollen an diesem Montag bekanntgegeben werden.

Das Veto der Staatschefin kann nun vom Kongress überstimmt werden. Das würde die Regierung in erhebliche Turbulenzen stürzen. Möglicherweise kommt es noch im Juni zu einer endgültigen Entscheidung.

Änderungen zugunsten der Agrarlobby

Der sogenannte "Código Florestal" war im Dezember 2011 vom Senat und im April von der Abgeordnetenkammer mit Änderungen zugunsten der Agrarlobby verabschiedet worden.

Umweltorganisationen kritisierten den Schritt der Präsidentin als völlig unzureichend. So kritisierte der World Wildlife Fund (WWF), Rousseff habe nur ein Teilveto eingelegt, nicht aber den gesamten Text abgelehnt. Nur ein komplettes Veto ermögliche aber einen Neustart der Debatte mit Beteiligung der ganzen Gesellschaft und der Wissenschaftler. "Brasilien und die Welt sehen ein Land, das weiter mit der Zukunft seiner Wälder spielt", warnte Brasiliens WWF-Generalsekretärin Maria Cecília Wey de Brito. Es bleibe der Zweifel, wie Brasilien auf diese Weise seine internationalen Versprechen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität erfüllen wolle.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sprach von einem weiteren unglücklichen Kapitel im Streit über den "Código Florestal". Rousseff habe dabei versagt, den Regenwald im Amazonas-Gebiet zu schützen. "Statt den nun vorliegenden Gesetzestext erneut zu überarbeiten, sollte die Präsidentin Brasiliens endlich ein echtes Schutzgesetz für den größten Tropenwald der Erde unterstützen", forderte Greenpeace-Waldexperte Oliver Salge.

"Rio+20"-Gipfel berät über Schutz der Regenwälder

Am Donnerstag hatten Nichtregierungsorganisationen der Regierung in Brasília eine Liste mit zwei Millionen Unterschriften übergeben, um Rousseff zu einem umfassenden Veto gegen die Novelle des Waldgesetzes zu bewegen.

Brasilien ist Ende Juni Gastgeber des "Rio+20"-Gipfels, bei dem auch der Schutz der Regenwälder ein Thema ist. Die Waldzerstörung wird in Brasilien für nahezu zwei Drittel der klimaschädlichen CO2-Emissionen verantwortlich gemacht.

Brasilien will seine CO2-Emissionen bis 2020 drastisch reduzieren und die Waldabholzung dazu um 80 Prozent verringern. Von diesem Ziel ist das Land aber noch weit entfernt: Von August 2010 bis Juli 2011 wurden nach offiziellen Angaben etwa 6238 Quadratkilometer Regenwald zerstört - das ist eine Fläche, die etwa zweieinhalb Mal so groß ist wie das Saarland. Im Vergleich zum Zeitraum 2009/2010 wurde dabei elf Prozent weniger Waldfläche abgeholzt.

Agrarminister Ribeiro Filho betonte unterdessen, durch die Änderungen der Präsidentin werde Brasilien nichts von seiner Kapazität als einer der weltgrößten Nahrungsmittelproduzenten einbüßen.

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