Süddeutsche Zeitung

Abhörskandal in Großbritannien:Früherer "News of the World"-Reporter tot aufgefunden

Er war einer der Ersten, der öffentlich über die Abhöraktionen der "News of the World" sprach: Sean Hoare, ein ehemaliger Reporter des Skandalblatts, ist in seiner Wohnung tot aufgefunden worden. Hoare hatte mit seinen Aussagen den einstigen Chefredakteur und späteren Kommunikationschef des britischen Premier Cameron, Andy Coulson, belastet.

Dramatische Entwicklung im britischen Abhörskandal: Ein früherer Reporter des Boulevardblatts News of the World, der brisante Details der Affäre öffentlich gemacht hatte, wurde am Montag tot aufgefunden. Die Leiche des Enthüllungsjournalisten Sean Hoare sei in seinem Haus in Watford nordwestlich von London entdeckt worden, teilte die Polizei mit. Die Umstände des Todes seien jedoch nicht verdächtig, ein Verdacht auf eine Gewalttat bestehe nicht.

Dem Guardian zufolge hatte Hoare seit Jahren Alkohol- und Drogenprobleme. In Interviews hatte der Journalist im vergangenen Jahr behauptet, dass der frühere Chefredakteur der mittlerweile eingestellten Boulevardzeitung News of the World und spätere Pressechef von Premierminister David Cameron, Andy Coulson, über das Abhören von Handys informiert gewesen sei. Coulson soll seine Belegschaft dazu auch animiert haben, um so an Exklusivgeschichten zu kommen.

News-Corp.-Chef Rupert Murdoch hatte sich Anfang Juli zur Schließung des Blattes gezwungen gesehen, nachdem herausgekommen war, dass Journalisten nicht nur Prominente abgehört und Polizisten bestochen, sondern auch Handy-Mailboxen der Angehörigen von gefallenen Soldaten sowie eines entführten Mädchens geknackt hatten.

An diesem Dienstagnachmittag sollen Murdoch, sein Sohn James sowie die ehemalige Chefredakteurin von News of the World, Rebekah Brooks, vor dem Medienausschuss des Unterhauses zum Abhörskandal Stellung nehmen. Die Befragung können Sie ab 15:30 Uhr im Liveticker auf sueddeutsche.de verfolgen.

Brooks war am Sonntag festgenommen und nach zwölfstündiger Befragung gegen Kaution freigelassen worden. Laut Polizei steht sie unter Verdacht, für die Bestechung von Polizisten und das Abhören von Mailboxen mitverantwortlich zu sein. Neue Erkenntnisse sollen sich die Ermittler nun von einer Tasche erhoffen, die die Ermittler in einer Tiefgarage unter einem Einkaufszentrum nahe der Londoner Wohnung von Brooks gefunden hätten, berichtet der Guardian. Darin hätten sich ein Computer, Papiere und ein Telefon befunden.

Am Mittwoch will dann Premierminister Cameron vor dem Unterhaus über den Skandal sprechen. Er steht wegen seines ehemaligen Sprechers Andy Coulson und seiner einst engen Kontakte zu Murdoch-Medien in der Kritik. Der Daily Telegraph berichtete am Dienstag, er habe die Murdoch-Vertraute Brooks im vergangenen Oktober zu seinem 44. Geburtstag eingeladen.

Die Ratingagentur Standard & Poor's stufte unterdessen den Ausblick für die Kreditwürdigkeit des Murdoch-Konzerns News Corp. auf "negativ" herab. Die Ratingagentur verwies unter anderem auf den "Verlust des guten Rufs" des Konzerns, eine "Schwächung" der Führungsebene nach mehreren Rücktritten und den Verzicht auf die geplante Übernahme des britischen Bezahlsenders BSkyB.

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