Abgeschotteter US-Präsident:Bush, die Axt und das Holz

Kontakt mit dem gemeinen Bürger ist nicht vorgesehen. Stattdessen lassen sich die Bushs lieber auf Schloss Meseberg mit Gegrilltem verwöhnen.

Thorsten Denkler, Lindow

In schwachen Momenten raten manche ihren Gästen, sie sollen sich doch bitte "wie zu Hause" fühlen. Möglich, dass auch Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Abend ihrem Gast George Walker Bush Ähnliches antragen wird. Sollte der noch amtierende US-Präsident das Angebot ernst nehmen, er würde sich wohl mit einer Axt bewaffnen und dem spärlichen Wald rund um das Gästeschloss der Bundesregierung zu Leibe rücken.

Ich, die Axt und das Holz. Nach diesem Schema hat Bush nicht nur seine Ranch in Crawford/Texas bewirtschaftet. Sondern dummerweise auch Außenpolitik gemacht. Mit den bekannten Folgen für seine Sympathiewerte in Deutschland. Vielleicht vermeidet er deshalb während seiner 20-Stunden-Abschiedsvisite jeden Kontakt mit dem gemeinen Volk.

Gegen 17:45 wird an diesem Dienstag die Air Force One, die Präsidentenmaschine Typ Boeing 747, am Flughafen Berlin-Tegel erwartet. Sie kommt dann aus Slowenien vom EU-USA-Gipfel. Abschiedsgeschenke hat er dort nicht bekommen. Im Gegenteil: Für seine Raketenabwehrpläne kassierte er in der EU eine Abfuhr.

Davon kann sich Bush heute im schönen Brandenburg erholen. Nach der Landung in Berlin-Tegel geht es für ihn und seine Frau Laura mit dem Hubschrauber nach Meseberg, das nördlich von Berlin liegt. Vom Kanzleramt hierher sind es gut 70 Kilometer.

Das Schloss liegt am Ende des 160-Seelen-Dorfs Meseberg. Die Bewohner dürften eventuellen Kaffeebesuch aus der Umgebung für Dienstag oder Mittwoch wieder ausgeladen haben. Die Gäste hätten es eh nicht bis Meseberg geschafft. Ganze Hundertschaften von Polizisten und Sicherheitskräften haben das Örtchen hermetisch abgeriegelt.

Auf dem See, der direkt an den Schlosspark grenzt, kreisen Sicherheitsleute in Motorbooten, im See suchen Taucher nach Sprengstoff. Hundeführer laufen Patrouille um das Schloss. Sämtliche Kanaldeckel in der Umgebung wurden zugeschweißt.

Gespräche in kleinstmöglicher Runde

Die Bürger Mesebergs sind zwar Rummel gewohnt. Hier haben schon viele Staatsgäste genächtigt. Zuletzt hat die Regierungsklausur im vergangenen Sommer das Nest groß in die Medien gebracht. Aber erst der Besuch eines US-Präsidenten zeigt, was es heißt, das Gästehaus der Bundesregierung zu beherbergen. Dem Vernehmen nach soll wenigstens der Wirt vom "Dorfkrug" sich freuen. Er hat die Bude voll mit Polizisten, die mit ihren Einheiten auf dem Meseberger Sportplatz kampieren.

Die Bushs werden um 18.10 Uhr in Meseberg erwartet. Am Hubschrauberlandeplatz werden sie von Merkel und ihrem Mann Joachim Sauer in Empfang genommen, der sich sonst eher ungern bei offiziellen Terminen blicken lässt. Ein Hinweis auf die freundschaftliche Atmosphäre zwischen beiden Paaren.

Lockere Gespräche sind angesetzt für den Abend. Wenn Bush schon nicht Holz fällen darf, soll er wenigstens sein Holzfällersteak bekommen: Es wird gegrillt im Schlosspark. Das ganze in kleinstmöglicher Runde. Bei Staatsbesuchen aber heißt das immerhin, dass die engsten Berater Merkels dabei sein dürfen: dazu zählen etwa Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, Außenexperte Ulrich Heusgen und Merkels Mann für Wirtschaftsfragen, Jens Weidmann.

Erst am Mittwoch wird auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dazustoßen. Auf der Themenliste für die morgendliche Runde stehen die Konflikte im Nahen Osten, in Iran und in Afghanistan sowie die Vorbereitung des G-8-Gipfels in Japan. Bevor es aber zu Gesprächen kommt, wollen Merkel und Bush noch einen kleinen Spaziergang durch den Park unternehmen. Wenn das Wetter mitspielt.

Kurz vor Mittag wird dann auch für die Presse Gelegenheit bestehen, näher als neun Kilometer an das Schloss heranzukommen. Das Pressezentrum steht in Lindow bereit. Lediglich einzelne Fotoreporter und Kamerateams können die alle Stationen der Bushs aus der Nähe beobachten. Die schreibende Zunft hat nur sehr begrenzten Zugang nach Meseberg.

Die Pesse ist im benachbarten Lindow untergebracht. Dorthin werden die Livebilder aus Meseberg und vom Flughafen Tegel übertragen. Am Mittwochmittag aber werden Merkel und Bush Fragen zum Treffen beantworten.

Nach dem Mittagessen ist der Spuk dann für die Meseberger vorbei. Die Bushs reisen wieder ab. Der Tross zieht auf seiner Europa-Tournee erst weiter nach Rom, dann auch nach Großbritannien und Frankreich. Bush, der Anfang 2009 sein Amt abgeben wird, wird sich auch dort lediglich von den Präsidenten und Premiers verabschieden. Ob von denen ihm einige nachweinen werden, ist unsicher. Die meisten Bürger Europas sicher nicht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: