Abgeordnetenhaus:Wahlleiter: Berliner Wiederholungswahl wird funktionieren

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Stephan Bröchler, Landeswahlleiter, beantwortet auf einer Pressekonferenz zum Stand der Vorbereitungen für die Wiederholungswahlen am 12. Februar Fragen von Journalisten. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Nun ist es also bald soweit: Gut 16 Monate nach der Pannen-Wahl will Berlin die Schmach tilgen. Der Landeswahlleiter gibt letztmalig Einblicke in die Vorbereitung.

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Berlin (dpa) - Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler geht von einem Gelingen der Wiederholungswahl an diesem Sonntag aus. „Ich bin zuversichtlich, dass diese Wahl funktionieren wird“, sagte er am Dienstag vor Journalisten. Die Landeswahlleitung und die Verantwortlichen in den Bezirken seien „startklar“.

Bröchler verwies darauf, dass Berlin in einer Ausnahmesituation erheblichen Aufwand betrieben habe, um innerhalb von nur 90 Tagen die Wahlwiederholung vorzubereiten. Als Beispiele nannte er mehr Wahlkabinen und mehr Wahlhelfer, auch eine bessere Logistik und Vorsortierung der Stimmzettel. Viele Stellschrauben seien bewegt worden.

Bröchler wiederholte seine Prognose, dass am 12. Februar womöglich nicht alles ganz fehlerfrei ablaufen wird. Das sei bei keiner Wahl der Fall. „Wir haben uns möglichst reibungsarme Wahlen vorgenommen.“

Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte im November 2022 die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten vom 26. September 2021 wegen zahlreicher Pannen und „schwerer systemischer Mängel“ für ungültig erklärt. Zu den Problemen zählten falsche, fehlende oder eilig kopierte Stimmzettel, zu wenige Wahlurnen, die zeitweise Schließung von Wahllokalen sowie lange Schlangen davor. In rund der Hälfte der Wahllokale stimmten Menschen noch nach 18.00 Uhr ab. Das Gericht ordnete eine komplette Wiederholung an.

Bröchler rief die Berlinerinnen und Berliner auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. „In defekten Demokratien sind Wahlen ein lästiges Übel oder Camouflage, und in Demokratien sind sie ein Fest.“

Er bat Wählerinnen und Wähler, am Sonntag möglichst früh ins Wahllokal zu kommen. Denn das sei auch ein Beitrag, um Schlangenbildung zu vermeiden. Briefwählern riet Bröchler, ihre Unterlagen nun umgehend auf den Postweg zu geben, da wegen der Poststreiks Verzögerungen nicht auszuschließen sind. Noch sicherer sei es, die Unterlagen direkt bei den Bezirkswahlämtern abzugeben.

Der Wahlleiter geht nach eigenen Worten von einer etwas geringeren Wahlbeteiligung als 2021 aus. „Ich wünsche mir 70 Prozent, wäre aber auch mit 60 oder 65 Prozent zufrieden.“ Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 hatten 75,4 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt. Die Mobilisierung war auch deshalb hoch, weil parallel zu den Berliner Wahlen noch die Bundestagswahl sowie der Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne stattfanden.

Bröchler zufolge wurden für diesen Sonntag insgesamt 11,4 Millionen Stimmzettel gedruckt. 42 000 Wahlhelfer und -helferinnen sollen in 2256 Urnen- und 1507 Briefwahllokalen für einen ordnungsgemäßen Ablauf sorgen. Nach einer drastischen Erhöhung der Entschädigung auf bis zu 240 Euro hätten sich sogar 52 000 Interessenten gemeldet.

Bröchler bat Leute, die nicht zum Zuge kamen, um Verständnis und darum, „bei der Stange“ zu bleiben. Beim Klima-Volksentscheid im März, der noch nicht terminierten ganzen oder teilweisen Wiederholung der Bundestagswahl und dann der Europawahl 2024 gebe es schon bald weitere Möglichkeiten, sich zu engagieren.

Großen Wert legt Bröchler darauf, dass nach organisatorischen Verbesserungen, die nun greifen, nach der Wahl zügig weitergehende Reformen im Hinblick auf Wahlen angegangen werden. Denn: „Die strukturellen Probleme Berlins sind eben noch nicht überwunden“, sagte er. „Was wir 2021 erlebt haben, war kein Betriebsunfall oder Naturereignis, sondern das Ergebnis von strukturellen Fehlern.“ Bröchler fordert unter anderem mehr Befugnisse gegenüber den Bezirken und den Aufbau eines personell gut ausgestatteten Landeswahlamtes.

Die für die Wiederholungswahl angekündigten internationalen Wahlbeobachter kommen an diesem Freitag in Berlin an, wie er ergänzte. Es handelt sich um Vertreter des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates, die auf Wahlen auf subnationaler Ebene spezialisiert sind. Am Samstag führen sie Gespräche mit beteiligten Akteuren, etwa aus den Parteien. Am Sonntag, dem Wahltag, werden sie in Wahllokale gehen, um sich über die Abläufe zu informieren.

Bröchler hatte auch Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingeladen. Die OSZE sah allerdings nach Vorprüfungen auch vor Ort keinen Bedarf, solche Experten am 12. Februar nach Berlin zu entsenden.

Der Verwaltungswissenschaftler Bröchler ist seit 1. Oktober 2022 Landeswahlleiter. Die Wiederholungswahl ist seine erste Bewährungsprobe. Auf die Frage, wie er sich angesichts der großen Last jetzt fühle, antwortete er am Dienstag: „Mein Zustand ist gut. Ich schlafe ausgezeichnet.“ Gleichwohl sei er mit Blick auf den Wahlsonntag natürlich auch „ein stückweit nervös“.

© dpa-infocom, dpa:230207-99-503370/3

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