Abgeordnetenhaus:Opposition kritisiert Härtefallfonds: Kipping verteidigt

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Seit Montag können in Berlin Hilfen aus dem Härtefallfonds zum Verhindern von Strom- und Gassperren in Anspruch genommen werden. Am Verfahren gibt es aber viel Kritik - auch im Landesparlament.

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Berlin (dpa/bb) - Zu kompliziert, zu spät, zu wenig Geld für eine sehr breite Zielgruppe: Im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es viel Kritik am Härtefallfonds, mit dem Strom- und Gassperren in der Hauptstadt verhindert werden sollen. Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) verteidigt das vom Senat beschlossene Hilfsangebot gegen die Kritik.

Die Entscheidung, den Härtefallfonds nicht auf Berlinerinnen und Berliner mit niedrigem Einkommen zu beschränken, sei richtig gewesen. „Gerade in diesen Zeiten können auch Menschen mit mittlerem Einkommen in arge Bedrängnis geraten“, sagte Kipping am Donnerstag bei der ersten Plenarsitzung des neuen Jahres im Berliner Landesparlament. Das gelte zum Beispiel für Berufstätige, deren Lohn von der Inflation aufgefressen werde.

Dass das Geld nicht an die Antragsteller, sondern direkt an die Energieunternehmen gezahlt werde, habe den Vorteil, dass Strom- und Gassperren schneller abgewehrt werden könnten. Das am Montag gestartete Antragsverfahren sei unkompliziert, versicherte Kipping. Es gebe beispielsweise keine Vermögensprüfung. Für solche Bürokratie sei im Fall drohender Stromsperren keine Zeit. „Energiesperren sind eine soziale Härte, und die gilt es unbedingt zu vermeiden“, sagte Kipping.

Die Berliner CDU kritisierte, der rot-grün-rote Senat habe sich mit dem Start des Fonds zu viel Zeit gelassen. „Wenn im Land Berlin ganze acht Monate benötigt werden, um konkrete Lösungen für eine akute Krisensituation zu schaffen, dann sind wir von einer schnellen Hilfe sehr weit entfernt“, sagte der CDU-Abgeordnete Björn Wohlert.

Bereits im Spätsommer und Frühherbst hätten Bürgerinnen und Bürger in Berlin erste Mitteilungen zu Erhöhungen bei Heiz- und Stromkosten erhalten. Währenddessen sei von Seiten des Senats noch geklärt worden, wer überhaupt antragsberechtigt sei, sagte Wohlert.

Tobias Bauschke von der FDP ergänzte, der Härtefallfonds sei richtig, um Energiesperren zu vermeiden. Es sei aber fraglich, ob dafür 20 Millionen Euro ausreichten. Lars Düsterhöft von der SPD versicherte, mit Blick auf den Nachtragshaushalt von rund 3 Milliarden Euro sei der Fonds mit 20 Millionen klein, bei Bedarf werde er aber aufgestockt.

Die AfD-Abgeordnete Jeanette Auricht warf Rot-Grün-Rot eine „Propagandashow“ zum Härtefallfonds vor. Der Senat spiele sich mit diesen „Almosen“ als Retter der Armen auf, sagte sie. Auricht kritisierte außerdem, dass die Anträge online gestellt werden und Antragsteller eine Energieberatung in Anspruch nehmen sollten. „Jetzt sollen sich die Leute auch noch Ratschläge anhören zum Energiesparen“, sagte sie. „Ich sehe keinen, der bei diesen Preisen mit offenem Fenster heizt.“

Kritik am digitalen Antragsverfahren gab es auch von anderen Oppositionsparteien. Kipping verteidigte die Entscheidung dazu. Die erforderlichen Dokumente müssten nicht als PDF-Datei hochgeladen werden, sondern könnten mit dem Handy fotografiert werden. Anträge online zu stellen, könne außerdem die Hemmschwelle senken, die Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch der Gang zum Sozialamt überflüssig werde. Außerdem gebe es für Menschen, die Hilfe bei den Anträgen bräuchten, entsprechende Beratungsangebote. „Berlin ist, wenn du mit Energieschulden nicht allein gelassen wirst“, sagte die Senatorin.

© dpa-infocom, dpa:230111-99-185253/7

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