Abgasnormen:Euro 6 alleine reicht nicht

Sind neue Dieselautos unbedenklich? Nicht immer, sagen ADAC und Umweltbundesamt. Manche können ziemliche Dreckschleudern sein. Es gibt inzwischen aber auch gute Alternativen.

Von Max Hägler

Es ist nicht lange her, da war der Autokauf noch einfach: Benziner oder Diesel, je nach Fahrprofil, das war beim Motor die zentrale Frage. Wer viel fuhr und es nicht ganz so sportlich brauchte, griff zum Diesel. Weniger Verbrauch, günstigere Spritpreise. Doch Diesel ist nicht gleich Diesel, das ist mittlerweile jedem klar geworden. Wenn von Euro 4, 5 oder 6 die Rede ist, dann geht es darum, wie viele Schadstoffe die Motoren ausstoßen dürfen. Je höher die Nummer, desto sauberer sind die Motoren, zumindest bei Labortests. Vor allem der Grenzwert für das Reizgas Stickoxid wurde jeweils schärfer. Wirtschaft wie Politik sprechen nun immer wieder von den "sauberen Euro-6-Dieseln". Alte Modelle sollen gegen diese neuen eingetauscht werden. Doch kann man Wagen mit solchen Motoren ohne Bedenken kaufen?

Nicht in jedem Fall, darauf weisen Verbraucherschützer hin, aber auch das Umweltbundesamt. Neu bedeutet nicht immer sauber. Die Sache ist unübersichtlich, denn es gilt: Euro 6 ist nicht gleich Euro 6. Es gibt diverse Unterkategorien, und wer einigermaßen sicher sein will als Autokäufer, dass er der Umwelt möglichst wenig schadet und er viele Jahre herumfahren darf mit seinem neuen Wagen, der muss sich wohl oder übel etwas einlesen in Abgasstandards und Emissionstests.

Alle Wagen mit dem Label Euro 6 dürfen zwar höchstens 80 Milligramm NOx pro Kilometer ausstoßen. Zum Vergleich: Manche ältere Dreckschleuder pustet weit mehr als 1000 Milligramm aus dem Auspuff. Aber erst ab der Schadstoffklasse "Euro 6d-Temp" oder "Euro 6d" seien "die Fahrzeuge im Realbetrieb sauber", erklärt der Mobilitätsverband ADAC. Verpflichtend ist dieser scharfe Standard, der auch realitätsnahe Straßentests beinhaltet, jedoch erst für Neuzulassungen vom 1. September 2019 an. Bis dahin können die Händler also neue Diesel-Wagen verkaufen, die auf dem Papier sauber wirken, es auf der Straße aber nicht sind - es ist die Fortführung der (legalen) Tricksereien, über die das Land seit dem Auffliegen des Dieselskandals diskutiert.

Tatsächlich zeigen etliche Messungen, dass viele Autos der Kategorien Euro 6, einschließlich der Unterkategorien a, b und c, weiterhin viel NOx ausstoßen: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) etwa hat mehr als 80 Autos getestet; im Schnitt habe der Ausstoß bei 444 Milligramm NOx pro Kilometer gelegen, das ist mehr als das fünffache des Grenzwertes; das liegt daran, dass auch viele Euro-6-Diesel noch keinen leistungsfähigen Katalysator haben, der Abgase mittels Harnstoff reinigt. Das Umweltbundesamt verzeichnet bei Wagen dieser Klassen ebenfalls Überschreitungen des Grenzwertes in dieser Größenordnung. Und rät dazu, auf die genaue Einstufung Wert zu legen: "Wer unbedingt einen Diesel kaufen möchte, sollte auf die Norm Euro 6d-Temp oder Euro 6d achten."

Sonst bestehe das Risiko, so der ADAC, dass man wegen zu hoher Stickoxidemissionen mit solchen Diesel-Fahrzeugen "mittelfristig" nicht mehr in alle Innenstädte fahren dürfe. Dass also mögliche Fahrverbote für ältere Diesel auf diese Normen ausgeweitet werden.

Noch ist das zwar nicht in Sicht, zumal die Verwaltungsgerichte auch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entscheiden müssen. Wer ein neues Auto hat, kann deshalb nur sehr schwer mit einem Fahrverbot belegt werden. Aber ausgeschlossen ist das nicht: Die DUH fordert etwa schon die Nachrüstung schlechter Euro-6-Diesel. Verbotsklagen könnten folgen.

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