Abfall:Sünde, was sonst?

Die Deutschen lieben Kaffeekapseln. Jährlich entstehen so 8000 Tonnen Müll - für Umweltschützer "heller Wahnsinn".

Von Michael Bauchmüller

Die Dame im Nespresso-Laden weiß sofort Bescheid. Nein, mit dem Recycling gebe es kein Problem. "Man muss die Kapsel nur in die Tonne für Verpackungsmüll werfen." Aus der wandere das kleine Alu-Hütchen gewissermaßen direkt in den Schmelzofen. "Das restliche Kaffeepulver innendrin dient als Brennstoff." Auf den Bildschirmen im Hintergrund läuft das passende Filmchen dazu. Aus benutzten Kaffeekapseln wird darin glänzendes Aluminium, in langen, silbrigen Stangen. "Leisten Sie Ihren Beitrag: Recyceln Sie Ihre Kapseln", ermuntert ein Flyer. Auch die Nespresso-Mutter Nestlé weiß: Die Ökobilanz könnte den Kaffeegenuss trüben.

Denn so einfach ist die Sache mit dem Recycling nicht. Auf den Balearen sind die Kapseln Teil eines ausgewachsenen Müllproblems - und könnten nun sogar verboten werden. Weil Touristen dort mehr Unrat hinterlassen, als die Ferieninseln verkraften, sollen nach dem Willen der Regionalverwaltung spätestens 2020 schärfere Regeln gelten. Auf Mallorca, Ibiza, Formentera und Menorca soll es nur noch Abfälle geben, die sich sauber recyceln lassen oder aber biologisch abbaubar sind. Viele Kaffeekapseln, beliebt auch in Hotels, würden so von den Inseln verbannt. Umweltschützer freuen sich.

Seit sie Mitte der Achtziger auf den Markt kamen, gelten die Kapseln als Umweltsünde. Tasse für Tasse ist hier in extra Aluminium-Döschen verpackt, eine Maschine brüht mit viel Druck das Aroma heraus. Die Kapsel mit dem feuchten Kaffeepulver wandert in den Müll. In Hamburg sollen Angestellte der Stadt deshalb auf den Kauf der Maschinen verzichten: "Diese Portionsverpackungen führen zu einem unnötigen Ressourcenverbrauch und Abfallaufkommen und enthalten häufig umweltschädliches Aluminium", heißt es in einem Leitfaden der Verwaltung.

Nicht nur wird das Aluminium unter immensem Energieverbrauch und zu miserablen Umweltbedingungen gewonnen. Beim Recycling verunreinigen oft "organische Anhaftungen" des Kaffees den Stoff. Zwar betreibt der deutsche Recycling-Riese Remondis in Holland eine Anlage, die Kaffee und Alu trennen kann - doch dort landet nur ein Bruchteil der Kapseln. Noch schwieriger wird es bei Kapseln aus Kunststoff, die per Aludeckel verschlossen sind. Selbst modernste Sortieranlagen können das eine vom anderen nicht trennen. So landen Kapseln samt Kaffee am Ende nicht selten in der "thermischen Verwertung" statt im Recycling: Sie werden verfeuert.

Den Siegeszug der Kaffeekapsel haben derlei Probleme nicht stoppen können. Während der Absatz konventionellen Filterkaffees 2016 leicht sank, legte der von Kaffeekapseln um fast vier Prozent zu. Nach Zahlen der Deutschen Umwelthilfe fielen 2016 hierzulande 8000 Tonnen Kapsel-Müll an. "Der helle Wahnsinn", sagt Thomas Fischer, Abfallexperte bei dem Verband. "Es kann doch ökologisch nicht sinnvoll sein, grammweise Kaffee abzupacken." Daran änderten auch Recycling oder biologisch abbaubare Stoffe nichts. Zumal der frische Kaffee auch bei Nespresso nicht in recyceltem, sondern in lupenreinem Neu-Aluminium verpackt wird. "Daran arbeiten wir noch", sagt die Verkäuferin.

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