90 Morde:Exekution im Krankenhaus

Der Heimtücke des mordenden Pflegers wurde Tür und Tor geöffnet.

Von Heribert Prantl

Die Taten des Krankenpflegers sind ungeheuerlich. Und es ist ungeheuerlich, wie leicht diesem Täter diese Taten gemacht wurden. Tatorte für mutmaßlich 90 Morde waren zwei Kliniken, in denen die Verantwortlichen offenbar keinen Verdacht schöpfen wollten. Und wenn ein Verdacht sich aufdrängte, wurde er weggedrängt. Das ist ein mörderisches Organisationsverschulden: Der Heimtücke des Täters wurden Tür und Tor geöffnet. Schuld an den Morden trägt daher nicht nur der Täter, Schuld tragen auch diejenigen, die diesen mörderischen Pfleger gewähren ließen.

Die Kriminalisten machen sich bei Massenmördern Gedanken über die "Korruption des Erfolgs". Jeder gelungene Mord, so sagen sie, schwäche die Vorsicht des Täters, steigere sein Selbstwertgefühl, vergröbere die Technik des Mordens. Das führe dann, so meinen die Experten, zur Entdeckung. In den Kliniken des mörderischen Krankenpflegers galten diese Kriminalisten-Weisheiten nicht. So kam es zur Veralltäglichung des Mordens im Krankenhaus.

Wegen sechs Mordtaten ist der Krankenpfleger bereits zu lebenslanger Haft verurteilt worden; mehr als lebenslang gibt es nicht. Bei den jetzt noch ausstehenden Strafprozessen wegen 84 weiterer Mordtaten geht es daher vor allem darum, wo und warum Kontrollen nicht funktioniert haben. Auch diese monströse Nachlässigkeit ruft nach Strafe.

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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