Verkehr:Nachfolge des Neun-Euro-Tickets soll Anfang 2023 kommen

Verkehr: Von Juni bis Ende Auguste konnten Fahrgäste für neun Euro unbegrenzt und deutschlandweit den Nahverkehr nutzen.

Von Juni bis Ende Auguste konnten Fahrgäste für neun Euro unbegrenzt und deutschlandweit den Nahverkehr nutzen.

(Foto: Philipp von Ditfurth/dpa)

Lange sträubte sich die FDP gegen eine Fortsetzung, jetzt soll es aber schnell gehen. Die Koalition will an diesem Samstag weitere Entlastungen ankündigen - insbesondere für Menschen mit geringen Einkommen.

Die Nachfolge des Neun-Euro-Tickets soll nach Wunsch von Bundesverkehrsminister Volker Wissing bis Ende des Jahres geklärt sein. "Unser Ziel sollte sein, spätestens zu Beginn des Jahres 2023 ein neues Ticket zu haben", sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Mediengruppe VRM. "Ich möchte ein vom Preis her möglichst attraktives Ticket, das deutschlandweit gilt und als Abo-Variante zu kaufen ist." Der Preis hänge "von der konkreten Ausgestaltung und der Verteilung der Kosten zwischen Bund, Ländern und den Kunden ab".

Die Neun-Euro-Tickets ermöglichten im Juni, Juli und August jeweils für einen Monat bundesweit Fahrten in Bussen und Bahnen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die Sonderaktion, um Fahrgäste von gestiegenen Energiekosten zu entlasten, lief am Mittwoch aus. Nach Branchenangaben wurden rund 52 Millionen Tickets verkauft. Der Bund finanzierte die Aktion mit 2,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Verkehrsanbietern.

Nach wochenlangen Debatten um weitere Entlastungen wegen der hohen Energiepreise sollen die Bürgerinnen und Bürger nun Klarheit bekommen. An diesem Samstag sind dafür die Spitzen der drei Parteien bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Beratungen zusammengekommen.

Im sogenannten Koalitionsausschuss sitzen der Kanzler, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), außerdem die Vorsitzenden der drei Parteien: Die SPD-Chefs Lars Klingbeil und Saskia Esken sowie das Grünen-Führungsduo Ricarda Lang und Omid Nouripour. Lindner ist neben seinem Posten als Finanzminister auch Parteichef der Liberalen. Zu den Mitgliedern des Koalitionsausschusses zählen darüber hinaus Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt und die Fraktionschefs der Ampelparteien im Bundestag, also Rolf Mützenich (SPD), Katharina Dröge und Britta Haßelmann von den Grünen sowie Christian Dürr von der FDP.

Der Koalitionsausschuss gilt als das eigentliche Machtzentrum in einer Koalitionsregierung, wichtiger als das Kabinett, so war es bereits unter den Kanzlern Merkel und Schröder. Der Ausschuss entscheidet vor allem dann, wenn sich die Partner nicht einig sind und komplizierte Kompromisse gefunden werden müssen. Das ist bei den Entlastungen sicher der Fall. "Es muss uns gelingen, zielgenauer zu helfen", hatte SPD-Chef Klingbeil im Interview mit der SZ gefordert (SZ Plus). Klingbeil spielt darauf an, dass die bisher angesichts von Inflation und Energiepreiskrise gewährten Entlastungen, etwa der Tankrabatt oder die im September ausgezahlte Energiepauschale von 300 Euro, eher breit angelegt waren und auch Besserverdienenden zugute kamen.

Zuvor hatte Klingbeil Grünen-Chef Habeck kritisiert für die in dessen Haus verantwortete Gasumlage, die auch nach Meinung zahlreicher Kritiker innerhalb der Ampelkoalition mit handwerklichen Fehlern behaftet ist. Habeck hat bereits Korrekturen in Aussicht gestellt.

Das Problem ist, dass Maßnahmen wie eine Übergewinnsteuer für Energieunternehmen, für die sich SPD und Grüne erwärmen können, bisher auf Ablehnung der FDP gestoßen sind. In mehreren Äußerungen ließ FDP-Chef Lindner aber erkennen, dass er in diesem Punkt möglicherweise kompromissbereit ist. Außerdem möchte Lindner die sogenannte kalte Progression abmildern, die dazu führt, dass Menschen trotz nomineller Lohnsteigerungen einen Reallohnverlust erleiden, weil sie einen höheren prozentualen Steuersatz zahlen müssen. SPD und Grünen ist es wichtiger, Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen direkt zu entlasten. Aber auch hier hat Lindner ein Entgegenkommen angedeutet. Er verwies darauf, dass im Bundeshaushalt für das Jahr 2022 noch Reserven vorhanden seien.

Zur SZ-Startseite
Lars Klingbeil

SZ PlusSPD
:"Es muss uns gelingen, zielgenauer zu helfen"

Die Ampel-Koalition ringt um ihr drittes Entlastungspaket. SPD-Chef Lars Klingbeil räumt Fehler ein, kündigt Korrekturen an und macht klar: Wer gut verdient, wird Einbußen erleiden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: