Mobilität:Lindner gibt Blockade bei Neun-Euro-Ticket auf

Deutsche Bahn: Regionalzug bei Leipzig

29, 49, 69 Euro - was wird die nächste Flatrate für den Nahverkehr? Eine Regionalbahn am Rande von Leipzig.

(Foto: Jan Woitas/dpa)

In die Debatte um eine Anschlusslösung der Rabattaktion im Nahverkehr ist an ihrem letzten Tag Bewegung gekommen. Finanz- und Verkehrsminister stellen Geld für einen Nachfolger in Aussicht.

Von Markus Balser, Berlin

Noch am Montag hatte er öffentlich ein Neun-Euro-Ticket zerrissen. Es war allerdings nicht der echte Christian Lindner, der auf dem Berliner Bahnhof Gesundbrunnen derart handgreiflich wurde. Bei einer Demo für die Fortsetzung der großen Rabattaktion im Nahverkehr trat ein Papp-Imitat des Finanzministers auf. Der FDP-Chef und sein Parteikollege und Verkehrsminister Volker Wissing hatten zuletzt den Zorn der Ticket-Befürworter auf sich gezogen, weil sie Bundesmittel für einen Nachfolger der Rabattaktion ablehnten.

Am Mittwoch, dem letzten Geltungstag des Neun-Euro-Experiments, kam nun allerdings überraschend doch noch Bewegung in den Streit. Bei der Klausur der Bundesregierung im brandenburgischen Meseberg waren aus der FDP plötzlich neue Töne zu hören. Sein Parteifreund Volker Wissing habe ihn überzeugt, sagte Lindner bei einer Pressekonferenz.

Wissing könne mit einem Bruchteil der Finanzmittel des Neun-Euro-Tickets ein bundesweites Nachfolgeticket realisieren, sagte Lindner weiter und deutete eine rasche Nachfolgelösung an: "Wenn die Finanzierungsfrage klar ist, kann der Preis festgelegt werden." Und auch Wissing schwenkte ein: Wichtig sei am Ende eine gemeinsame Finanzierung zwischen Bund und Ländern.

Damit wird der Weg zumindest aus Bundessicht doch noch frei für eine von vielen Seiten geforderte baldige Nachfolgelösung. Zumal da Lindner finanzielle Spielräume für weitere Entlastungen sieht. Die lägen im Milliardenbereich, sagte der Finanzminister und stellte ein "wuchtiges" Paket in Aussicht. Nach Angaben aus Regierungskreisen könnte sich die Ampelkoalition tatsächlich schnell auf ein Nachfolgemodell des Tickets einigen. Noch aber werde um den Preis gerungen. Den Grünen schweben Tarife ab 29 Euro, der SPD 49 und der FDP bislang 69 Euro vor. Natürlich müsse die Preisgestaltung am Ende attraktiv sein, sagte Wissing dem Deutschlandfunk. Dafür werde der Finanzminister auch noch mal in die Kasse greifen.

"Es nicht zu verlängern, wäre eine verpasste Chance", sagen die Grünen

Die Grünen erhöhten am Mittwoch den Druck auf die Koalitionspartner, schnell zu handeln. "Das Ticket ist ein riesiger Erfolg", sagte Fraktionschefin Katharina Dröge. "Es nicht zu verlängern, wäre eine verpasste Chance, Menschen zu entlasten, die Inflation zu dämpfen und den so nötigen Klimaschutz im Verkehr endlich voranzutreiben." Erst am Montag hatten Verkehrsverbünde positive Klimaeffekte des Tickets vorgerechnet. Die Regierung müsse ernsthaft an einer Nachfolgelösung arbeiten, sagte Dröge.

Offen ist allerdings, ob die Länder bei einem solchen Bundesvorschlag auch wirklich mitmachen. Sie müssten wie schon bei der Sommeraktion einen Teil der Kosten übernehmen. Die Länderminister sind derzeit aber parteiübergreifend äußerst schlecht auf Volker Wissing zu sprechen. Denn der Bundesverkehrsminister lehnt seit Monaten die von ihnen angemahnten Finanzhilfen für den Not leidenden Nahverkehr ab. Verkehrsbetriebe drohen wegen der rasant gestiegenen Energie- und Treibstoffkosten in finanzielle Schieflage zu geraten. Aus mehreren Ländern verlautete am Mittwoch, ohne einen Rettungsschirm für den Nahverkehr sei eine Beteiligung der Länder an einem neuerlichen Rabatt-Ticket schlichtweg ausgeschlossen.

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