70 Jahre Frauen-Union:Warum die Frauen in der CDU unzufrieden sind

Personalkarussell à la Merkel

Annette Widmann-Mauz, Vorsitzende der Frauen-Union.

(Foto: Soeren Stache/dpa)

Die Frauen-Union feiert ihr 70-jähriges Bestehen. Es könnte ein Tag der Freude über das Erreichte sein - wenn es in der CDU hinter der Fassade nicht ganz anders aussehen würde.

Von Robert Roßmann

Auf den ersten Blick hat Annette Widmann-Mauz einen der angenehmsten Jobs im parteipolitischen Betrieb. Die 51-Jährige ist Vorsitzende der Frauen-Union. Die Vereinigung hat sich zum Ziel gesetzt, "Lobby für die Anliegen von Frauen in der CDU" zu sein. Viel Arbeit scheint Widmann-Mauz da nicht mehr zu haben. An der Spitze der CDU steht seit 18 Jahren Angela Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer ist Generalsekretärin. Bei der Wahl der stellvertretenden Parteichefs erhält Julia Klöckner immer das beste Ergebnis. Und in der neuen Bundesregierung ist die CDU mit vier Frauen, aber nur drei Männern vertreten. 1961 hatten die CDU-Frauen Konrad Adenauer noch mit einem Sitzstreik vor dem Kabinettssaal dazu bringen müssen, wenigstens eine Frau in die Regierung zu berufen.

An diesem Samstag feiert die Frauen-Union den 70. Jahrestag ihrer Gründung, mit 110 000 Mitgliedern ist sie inzwischen die stärkste Vereinigung in der CDU. Festrednerin wird die Kanzlerin sein. Es könnte für die christdemokratischen Frauen also ein Tag der Freude über das Erreichte werden - wenn es in der CDU hinter der Fassade nicht ganz anders aussehen würde. Die Zeit der großen Fortschritte für die Frauen ist in der Union vorbei, es gibt inzwischen sogar Schritte zurück.

Die CDU hat 1996 das Quorum eingeführt. Bei Listenaufstellungen soll mindestens jeder dritte Platz an Frauen gehen; Parteigremien sollen mindestens zu einem Drittel weiblich besetzt sein. Doch das Quorum wird oft nicht eingehalten. So hatte die Hamburger CDU trotz heftiger Proteste auf die vier aussichtsreichen Listenplätze für die Bundestagswahl Männer gesetzt. Und die baden-württembergische CDU will ihre vier sicheren Plätze für die Europawahl ebenfalls nur an Männer vergeben. In Baden-Württemberg, der Heimat von Widmann-Mauz, hat die CDU außerdem gerade eine mit den Grünen vereinbarte Reform des Wahlrechts platzen lassen, mit der der Frauenanteil im Parlament erhöht werden sollte. Das sei ein "No Go" der Parteifreunde in ihrer Heimat, schimpft Widmann-Mauz in Berlin. Dort sitzt sie seit 1998 im Bundestag. Von 2009 bis März 2018 war sie parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, seitdem ist sie Staatsministerin für Migration im Kanzleramt.

Das neue Klima in der CDU zeigt sich auch im Bundestag. Der Anteil der Frauen in der Unionsfraktion ist gesunken, er liegt jetzt nur noch bei 20 Prozent. In den Bundesländern sieht es kaum besser aus: 14 der 17 CDU-Landesvorsitzenden sind Männer. "Wir haben jetzt nicht wie unsere Vorkämpferinnen vor, einen Sitzstreik vor dem Kanzleramt zu machen", sagt Widmann-Mauz. Aber man wolle "die aktuelle Lage so auch nicht akzeptieren". Die CDU-Frauen hätten in den vergangenen Jahrzehnten zwar "viel erreicht, aber unsere Teilhabe in der Partei, in der Politik und in der Gesellschaft ist noch lange nicht ausreichend".

Auch die Zeit, in der die CDU in Ursula von der Leyen in der Frauenpolitik eine durchsetzungsstarke Frontfrau hatte, ist vorbei. Von der Leyen verkämpft sich inzwischen im Verteidigungsressort. Bei den Kompetenzwerten in der Familien- und Frauenpolitik hat die SPD die Union wieder abgehängt. Und in vielen Debatten - wie der um das Rückkehrrecht in Vollzeitarbeit - ist die CDU in der Defensive.

Auch an der CDU-Basis geht wenig voran. Der Frauenanteil unter den Mitgliedern ist in den vergangenen zwanzig Jahren nur von 25 auf 26 Prozent gestiegen. "Wir müssen jetzt die Instrumente, die wir haben, schärfen", verlangt Widmann-Mauz. Das Quorum sei "stumpf geworden". Außerdem müsse die im Bundestag ohnehin anstehende Wahlrechtsreform genutzt werden, um auch beim Frauenanteil "zu Verbesserungen zu kommen". Bei ihrem Festakt am Samstag will die Frauen-Union eine Resolution mit diesen Forderungen beschließen. Bisher sieht es allerdings nicht danach aus, dass die Wünsche erfüllt werden.

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