Süddeutsche Zeitung

70 Jahre Ermordung von Georg Elser:Einer gegen Hitler

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Georg Elser war schon 1939 überzeugt, dass nur der Tod von Adolf Hitler Deutschlands Marsch in den Abgrund stoppen könnte. Akribisch bereitete er seinen Bombenanschlag vor. In den letzten Kriegstagen wurde er dafür noch ermordet.

Von Markus C. Schulte von Drach

Drei Wochen, bevor Adolf Hitler sich umbrachte, gab er den Befehl, Gefangene, die an Attentaten auf ihn beteiligt gewesen waren, zu töten. Am 9. April 1945 starben unter anderem der Theologe Dietrich Bonhoeffer, der ehemalige Chef des militärischen Geheimdienstes, Admiral Wilhelm Canaris, und einige am Attentat vom 20. Juli 1944 beteiligte Offiziere.

Im KZ Dachau erschoss die SS am selben Tag Georg Elser, der am 8. November 1939 vergeblich versucht hatte, Hitler durch einen Sprengstoffanschlag zu töten.

Elser, geboren am 4. Januar 1903 in Hermaringen als nichteheliches Kind, war ein einfacher Schreiner, wenig gebildet, eher unpolitisch. Bis 1932 arbeitete er am Bodensee, dann kehrte er in seine Heimatstadt Königsbronn zurück. Als Arbeiter in einer Armaturenfabrik in Heidenheim bekam er mit, dass dort im Auftrag der Nazis und entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrages Munitionsbestandteile hergestellt wurden.

Ab 1937 wuchs seine Sorge, dass Hitler Deutschland in einen neuen Krieg führen würde. Nach dem Münchner Abkommen ein Jahr später beschloss er, das zu verhindern. Er beschloss, Hitler zu töten.

Elser besorgte sich bei einem Job in einem Steinbruch Sprengstoff, zog dann nach München und konstruierte einen Zeitzünder. Ab August 1939 suchte er den Bürgerbräukeller auf, in dem Hitlers Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDAP Versammlungen abhielt. Elser versteckte sich abends dort und höhlte in insgesamt 30 Nächten eine Säule hinter dem Rednerpult aus, um darin den Sprengstoff zu platzieren.

Als Elsers Bombe am 8. November explodierte, hatte die Geschichte seine Pläne bereits überholt. Der Krieg, den Elser verhindern wollte, hatte Hitler bereits begonnen. Dennoch besuchte der Diktator wie jedes Jahr eine Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Marsches auf die Feldherrnhalle am 9. November 1923. Wegen schlechten Wetters verließ er die Feier aber früher als geplant - 13 Minuten vor der Explosion. Acht Hitler-Anhänger starben, 63 weitere wurden verletzt.

Auf der Flucht in die Schweiz gefasst

Elser selbst war zum Zeitpunkt der Detonation, um 21:20 Uhr, bereits in den Händen der deutschen Polizei. Bei dem Versuch, in die Schweiz zu fliehen, war er von Grenzern festgenommen worden. Eine Ansichtskarte des Bürgerbräukellers, ein Rotfrontkämpferabzeichen und Teile eines Zünders in seiner Tasche machten ihn schnell zu einem Verdächtigen. Nach brutalen Verhören durch Gestapo-Beamte bekannte sich Elser bald zu dem Anschlag.

Die Ermittler und auch die Nazi-Führung konnten sich nicht vorstellen, dass Elser ein Alleintäter war und bemühten sich, Hintermänner zu finden - die es nicht gab. Als Elser zum Beweis eine Kopie seiner Bombe anfertigte, glaubte man ihm schließlich.

Bis zum April 1945 wurde Elser ohne Gerichtsverfahren und als "Sonderhäftling des Führers" im KZ Sachsenhausen, dann im KZ Dachau festgehalten. Die Nazis wollen ihn sich für einen Schauprozess nach dem "Endsieg" aufheben. Doch am 5. April 1945 - der Krieg war verloren, das KZ wurde etwa drei Wochen später von US-Soldaten befreit - ordnete Hitler persönlich die Hinrichtung von Elser an.

Die Gestapo forderte die SS in Dachau auf, den Mord als Unglück darzustellen. Am 9. April tötete der SS-Oberscharführer Theodor Bongartz Georg Elser mit einem Schuss ins Genick.

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