7. Tag:Kutum, Norddarfur

Wir finden einen Verwundeten. Sein Oberarm ist behelfsmässig mit einem Stück Karton geschient. Ich staune wie der Mann seine Schmerzen erträgt.

Einpacken, warten, Fahrzeuge laden, auf nach Kutum. Der Jeep biegt von der Strasse ab, nicht einmal eine Piste ist sichtbar. Wir folgen den Reifenspuren durch die Wüste. Zumindest haben wir freie Bahn, kaum Verkehr, ab und zu ein wagemutiger LKW. Morgen wird ein Konvoi aus neun LKW die Hilfsgüter des Rotkreuz-Transportes über die gleiche Strecke befördern. In der selben Wochen sind weitere drei Konvois geplant.

Die lokalen Fahrer kennen die Strecke zum Glück, sonst wäre man hier hoffnungslos verloren. Diesmal kaum Pflanzen, nur Sand soweit das Auge reicht. Es beginnt zu nieseln, hoffentlich zieht kein Gewitter auf, denn selbst mit den Allradfahrzeugen gibt es im Schlamm kein Fortkommen.

Ein Verwundeter mitten in der Wüste

Wir erreichen auf halben Weg einen größeren Ort und halten am Markt an, um uns über die Sicherheitslage zu erkundigen. Wieder scheint alles erschreckend normal.

Ein älterer Herr in weißem Kaftan und Turban spricht uns an. Vor zwei Tagen wurde der Ort überfallen, die Bevölkerung ist in Panik davongelaufen. Der Markt wurde geplündert, ein Mann erschossen, ein weiterer verletzt.

Das Krankenhaus ist nur eine Stunde entfernt, aber ein Fahrzeug steht nicht zur Verfügung. Der Bericht des Mannes wird notiert, eine wichtige Notiz, um Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung zu dokumentieren. Die Angaben sind widersprüchlich.

Vor einigen Jahren in Liberia habe ich mich noch mit den verschiedenen Kriegsparteien befasst. Mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es im Krieg nur zwei Parteien gibt, Kämpfer und unschuldige Zivilisten.

Dem Mann, den wir wenig später in einer kleinen Hütte vorfinden, ist es gleichgültig, aus wessen Gewehr die Kugel abgefeuert wurde, die seinen rechten Oberarm durchschlagen hat und aus seiner Schulter ausgetreten ist.

Er hat Glück gehabt, dass seine Lunge nicht verletzt wurde, sonst hätte er kaum überlebt. Sein Oberarm ist behelfsmässig mit einem Stück Karton geschient. Ich staune wie der Mann seine Schmerzen erträgt.

Im Krankenhaus stellt sich später heraus, dass die Kugel den Oberarmknochen zertrümmert hat. Die Wunde, die mittlerweile infiziert ist, müssen durch einen Chirurgen versorgt werden. Ein Schmerzmittel soll die holprige Fahrt ins Krankenhaus erträglich machen. Es ist eine der grundlegenden Aufgaben des Roten Kreuzes, Kriegsverletzte zu versorgen.

Eine Trage wird vorbereitet, die Habseligkeiten des Verletzten - ein abgerissener Sack mit einigen Kleidern und ein Paar Schlapfen - verstaut. Kutum, und das Krankenhaus, sind nur eine Stunde entfernt, für den Patienten wird es eine lange Stunde. Trotzdem hat er Glück gehabt, dass wir vorbeigekommen sind.

Wir verständigen das Krankenhaus über die Ankunft des Patienten. Der beisst seine Zähne zusammen und ich staune über seine Fassung. Er verzieht das Gesicht, mit einem Geländewagen sanft zu fahren ist fast unmöglich. Ausserdem beginnt es zu dämmern und wir wollen nicht in der Dunkelheit fahren. Wir erreichen Kutum und fahren ins Krankenhaus, wo der Patient erwartet und versorgt wird. Die Operation ist für morgen vorgesehen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: