Süddeutsche Zeitung

68er, RAF und der Verfassungsschutz:Peter Urbach soll in den USA gestorben sein

Er war eine Hassfigur der westdeutschen Linken: Nun soll Peter Urbach, Agent Provocateur und einstiger V-Mann des Berliner Verfassungsschutzes, tot sein.

Lange war "Peter Urbach" ein Schimpfwort unter Linken. An dem berühmten Studentenhaus an der Frankfurter Goethe-Universität etwa prangte lange ein despektierlicher Graffiti-Spruch über den Mann des Verfassungsschutzes, der einst das Vertrauen linker Aktivisten im Umfeld der 68er-Bewegung hatte und seine Kontaktpersonen dann gnadenlos ans Messer lieferte.

So erschlich sich der in Posen geborene Peter Urbach 1967 im Auftrag des West-Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz das Vertrauen der Kommune 1 und anderer Linksradikaler. Er war der Mann, der auch für Schusswaffen und Bomben sorgen konnte. Dem Rechtsanwalt, Gründer der Roten Armee Fraktion (RAF) und heutigen Rechtsextremisten Horst Mahler beschaffte er dessen erste Pistole. Beim Sturm von Studenten auf das Hochhaus des Axel-Springer-Verlags verteilte er Molotowcocktails an Demonstranten. Zudem lieferte er Brand- und Sprengbomben, von denen ein Student eine im jüdischen Gemeindehaus legte.

Für die Linke blieb immer die Frage: Hat der Verfassungsschutz das erst möglich gemacht? Wollte der Staat einen Vorwand schaffen um sich der Studentenbewegung zu entledigen? Unterstützte die Regierung via V-Mann Urbach somit die Radikalisierung und Kriminalisierung von Teilen der 68er Bewegung?

Nach seiner Enttarnung als Agent Provocateur und V-Mann des Verfassungsschutzes im Frühjahr 1971 verschwand er spurlos. Laut einem Spiegel-Bericht setzte er sich nach einem Zwischenstopp in Wuppertal mit seiner Frau und zwei Söhnen in die USA ab - und trug fortan eine großkalibrige Pistole bei sich. Zunächst vom Verfassungsschutz finanziell unterstützt, schlug er sich als Rohrleger durch, unter anderem beim Bau des Atomkraftwerks Diablo Canyon.

Urbach vermisste seine Heimat, aber sprach auch mit seinen beiden späteren amerikanischen Ehefrauen nicht über Details seines Vorlebens, so der Spiegel. Laut seiner dritten Frau ärgerte er sich aber über die seiner Meinung nach falsche Darstellung seiner Aktivitäten in Berlin. Den Plan, seine Erinnerungen zu Papier zu bringen, konnte er nicht mehr verwirklichen. Dem Spiegel-Bericht zufolge starb Peter Urbach am 3. Mai vergangenen Jahres in Kalifornien.

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