Deutschland ist erst wenige Wochen wiedervereint, als es im brandenburgischen Eberswalde zu einem rassistischen Überfall mit tödlichem Ausgang kommt: Der frühere DDR-Vertragsarbeiter Amadeu Antonio wird auf offener Straße von mehreren rechten Schlägern überfallen und zu Tode geprügelt.Fünf der jugendlichen Tätern werden 1992 vom Bezirksgericht Frankfurt (Oder) wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu maximal vierjährigen Haftstrafen verurteilt, einige zu Bewährungsstrafen. Es war nicht nachzuweisen, wer die tödlichen Schläge ausgeführt hatte.1998 wird die Amadeu Antonio-Stiftung gegründet, die eine zivile Gesellschaft stärken will, die Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus entschieden entgegentritt.Mit Kerzen in den Händen gedenken am 6.12.2000 Farbige in Eberswalde des zehn Jahre zuvor von Neonazis getöteten Angolaners Amadeu Antonio.Foto: dpa
Im September 1991 kommt es im nordsächsischen Hoyerswerda zu tagelangen Angriffen auf zwei Wohnheime von Asylbewerbern und Gastarbeitern. Die Angriffe eskalieren unter dem Beifall von Anwohnern - bis die Wohnheime evakuiert werden.Ein mosambikanischer Arbeiter schaut durch eine eingeworfene Scheibe seines Wohnheims in Hoyerswerda. Viele der Heimbewohner aus Vietnam und Mosambik waren noch zu DDR-Zeiten als Arbeitskräfte des Cottbuser Braunkohlereviers in Hoyerswerda angesiedelt worden.Foto: dpa
Am 22. bis zum 25. August 1992 ist das Asylbewerberheim in Rostock Ziel fremdenfeindlicher Übergriffe. In der Nacht des 24. August zünden mehrere meist jugendliche Täter vor dem Haus Molotowcocktails, werfen sie in das Gebäude und entfachen einen Brand. Die vietnamesischen Bewohner können gerade noch auf das Dach des Gebäudes flüchten, wo sie schließlich gerettet werden. Die Bilder vom brennenden Asylbewerberheim Rostock-Langenhagen gehen um die Welt.Ein Jugendlicher rennt am brennenden Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen vorbei.Foto: AP
Bundesjugendministerin Angela Merkel sucht in der Woche nach den Übergriffen in einem benachbarten Rostocker Jugendklub das Gespräch mit rechtsorientierten Jugendlichen.Foto: dpa
Doch auch in den alten Bundesländern werden ausländerfeindliche Anschläge Realität: Am 23.11.1992 zünden Neonazis ein von einer türkischen Familie bewohntes Wohnhaus im schleswig-holsteinischen Mölln an. Bei dem Brandanschlag kommen drei Menschen ums Leben. Die zwei Brandstifter werden später wegen Mordes und besonders schwerer Brandstiftung zu 10 Jahren Jugendstrafe und lebenslänglich verurteilt.Foto. dpa
Das gleiche Bild bietet sich wenige Monate später in Solingen (Nordrhein-Westfalen): Am 29. Mai 1993 verüben Rechtsradikale einen Brandanschlag auf ein von Türken bewohntes Haus. Dabei finden zwei Frauen und drei Mädchen den Tod.Drei Tage zuvor hatte der Bundestag - auch unter dem Eindruck der Anschläge von Hoyerswerda, Rostock und Solingen - die Einschränkung des Grundrechts auf Asyl beschlossen. Abgewiesen wird seither, wer aus einem als sicher geltenden Herkunftsland oder aus einem sicheren Drittland einreist.Foto: AP
Immer wieder protestieren hunderttausende Deutsche gegen Fremdenhass und Rechtsradikalismus. Am 6. Dezember 1992 bilden in München mindestens 300.000 Menschen - Ausländer und Deutsche aus allen sozialen Schichten - mit Taschenlampen, Laternen, Kerzen und Lampions eine Lichterkette, um gegen Ausländerfeindlichkeit zu protestieren. Auch in Essen, Hamburg und Nürnberg gehen hunderttausende Menschen gegen Rechts auf die Straße.Foto: dpa
In den Neunziger Jahren gelingt rechtsradikalen Parteien auch der Einzug in Landtage: den Republikanern 1992 und 1996 in Baden-Württemberg, der DVU 1992 in Schleswig-Holstein, 1998 in Sachsen-Anhalt und 1999 in Brandenburg.Ein Besucher des baden-württembergischen Landtags in Stuttgart betrachtet am 27.10.1999 eine Vitrine mit nationalistischen Zeitungsexemplaren im Rahmen der Rechtsextremismus-Ausstellung, die Gegenstand einer Landtagsdebatte war.Foto: dpa
Auf institutioneller Ebene ziehen Politik und Gesellschaft erst mit einigen Jahren Verspätung nach. 2000 gründen Bundesinnen- und Bundesjustizministerium gemeinsam das "Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt".Ein Plakat mit der Aufschrift "Du willst Respekt. Ich auch" hängt 2000 auf dem Berliner Bahnhof Friedrichstraße. Das Poster ist Teil der Kampagne des Bundesinnenministeriums und der Deutschen Bahn unter dem Dach des "Bündnisses für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt".Foto: dpa
Im Herbst 2000 gründet sich die Initiative "exit", die ausstiegswilligen Rechtsextremisten ein neues Leben mit sozialen Perspektiven ermöglichen will. Inzwischen gibt es über ganz Deutschland verteilt weit über 100 Initiativen gegen Rechtsextremismus."exit"-Gründer Bernd Wagner auf einer Pressekonferenz 2002Foto: dpa