Verena Becker verurteilt:Was aus den RAF-Terroristen geworden ist

Der wohl letzte große RAF-Prozess ist beendet, Verena Becker wurde verurteilt. Wer auf Siegfried Buback geschossen hat, konnte das Gericht allerdings nicht klären. Immer noch ist das Schicksal von mindestens sieben ehemaligen RAF-Leuten ungewiss, nach dreien wird immer noch gesucht.

RAF-Terroristen geworden ist

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Plaedoyers im Prozess gegen fruehere RAF-Terroristin Verena Becker

Quelle: dapd

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Der wohl letzte große RAF-Prozess ist beendet, Verena Becker wurde verurteilt. Wer auf Siegfried Buback geschossen hat, konnte das Gericht allerdings nicht klären. Immer noch ist das Schicksal von mindestens sieben ehemaligen RAF-Leuten ungewiss, nach dreien wird immer noch gesucht.

35 Jahre ist der Mord an dem damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback her. Jetzt Wurde ist die frühere RAF-Terroristin Verena Becker wegen Beteiligung an dem Attentat verurteilt. Das Oberlandesgericht Stuttgart verhängte eine vierjährige Haftstrafe gegen die heute 59-Jährige.

90 Verhandlungstage, fast 160 Zeugenbefragungen und mehr als ein Dutzend Sachverständige hat es gebraucht. Trotzdem konnte der Prozess entscheidende Fragen nicht beantworten.

Verdacht gegen Verena Becker im Mordfall Buback

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Die 15 tödlichen Schüsse des RAF-Kommandos "Ulrike Meinhof" auf Buback und seine beiden Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster wurden am 7. April 1977 abgefeuert. Das Archivfoto zeigt den Tatort in Karlsruhe.

Becker wurde im Mai 1977 verhaftet und später wegen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, weil sie bei ihrer Flucht auf Polizisten geschossen hatte. Die Behörden stellten nach der Festnahme die Tatwaffe des Buback-Mords bei der damals 24-Jährigen und ihrem Begleiter Günter Sonnenberg sicher. Ermittlungen zu einer Tatbeteiligung blieben damals aber ohne Ergebnis.

Prozess gegen ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker geht vermutlich zu Ende

Quelle: dapd

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1989 begnadigte Bundespräsident Richard von Weizsäcker die Ex-Terroristin. Nachdem zunächst RAF-Mitglied Stefan Wisniewski als Mörder Bubacks galt, nahm der Fall im Jahr 2007 eine Wende: Michael Buback, der Sohn des Mordopfers, berichtete von Indizien, die auf Becker als Schützin hinwiesen. Im Juni 2008 leitete die Bundesanwaltschaft Ermittlungen ein und erließ ein Jahr später einen Haftbefehl, nachdem am Bekennerschreiben DNS-Spuren der Ex-Terroristin gefunden worden waren.

Jahresrückblick 2010 - Verena Becker

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2010 begann der Mammut-Prozess, der als letzter großer RAF-Prozess in der Geschichte der Bundesrepublik gilt. Verena Becker selbst gab eine kurze Erklärung ab, in der sie bestritt, bei der Tat dabei gewesen zu sein und angab, sich zu diesem Zeitpunkt "im Nahen Osten" aufgehalten zu haben. Einzig die Beschuldigte selbst hätte es vermocht, etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen. Sie tat es nicht.

Michael Buback und Peter Jürgen Boock im Fernsehgespräch

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Peter-Jürgen Boock - hier 2007 in Hamburg - gilt als einer der wichtigsten Zeugen der Anklage im Becker-Prozess. Der ehemalige RAF-Terrorist war als Fluchtwagenfahrer an der Entführung und Ermordung von Jürgen Ponto ebenso beteiligt wie 1977 an der Schleyer-Entführung. 1980 sagte er sich von der RAF los. Trotz Beteuerungen, er sei in der RAF nur ein kleines Licht gewesen, saß Boock 17 Jahre für seine Taten im Gefängnis.

Seit seiner Freilassung 1998 lebt er als freier Autor in Freiburg und berichtet in den Medien offen über seine RAF-Zeit - doch ihm wird ein "taktisches Verhältnis zur Wahrheit" vorgeworfen. Bundesanwalt Leo Kouril nannte ihn im Rahmen des Becker-Prozesses "intelligent, eitel, auf seinen Vorteil bedacht und sehr flexibel".

Silke Maier-Witt

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Silke Maier-Witts Aussagen waren ebenfalls uneindeutig. Zum Prozessauftakt 2010 behauptete sie in einem Interview mit Spiegel-TV, dass Stefan Wisniewski Siegfried Buback umgebracht habe. Damit entlastete sie Verena Becker. Allerdings dementierte sie die Meldung wenige Tage später.

Maier-Witt war unter anderem an der Entführung und Ermordung Hanns-Martin Schleyers beteiligt gewesen, stieg jedoch dann aus der Terrorgruppe aus und lebte unter falschem Namen in der DDR. Inzwischen hat sie dem Terrorismus abgeschworen und ruft andere ehemalige RAF-Mitglieder zur Umkehr und zur Offenheit gegenüber den Behörden auf.

Stefan Wisniewski

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Stefan Wisniewski war als Mittäter an der Entführung und Ermordung von Hanns-Martin Schleyer, nicht jedoch wegen des Buback-Mordes 1981 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. 1999 kam Wisniewski wieder frei. Er selbst hat nie zu seinen Tatbeteiligungen ausgesagt. Wer auf dem Tatmotorrad saß, konnte bis heute nicht ermittelt werden.

Verena Becker - Ex-RAF-Terroristen

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Günter Sonnenberg zog Anfang der 70er Jahre mit Christian Klar und Knut Folkerts in eine WG - wie diese schloss auch er sich später der RAF an. Er war unter anderem am Mord an Generalbundestaatsanwalt Siegfried Buback beteiligt. Der Sohn des Ermordeten, Michael Buback, hält Sonnenberg für den Fahrer des Motorrads, von dem aus die tödlichen Schüsse abgegeben wurden. Zwar fand man bei ihm und Becker die Tatwaffe, die Anschuldigung konnte aber nicht bewiesen werden.

FAHNDUNGSFOTOS DER BAADER-MEINHOF-GRUPPE, 1972

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Die Mitglieder der "Rote Armee Fraktion" lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Die, die nicht überlebten, wie Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Holger Meins. Die, die ihre Haft abgesessen haben und nun ein mehr oder weniger normales Leben führen, wie Christian Klar, Knut Folkerts und Peter-Jürgen Boock. Und die RAF-Mitglieder, nach denen bis heute gesucht wird. Das Bild zeigt Fahndungsfotos von 1972.

BIRGIT HOGEFELD

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Birgit Hogefeld war die letzte Inhaftierte der RAF. Die Leitfigur der dritten Generation wurde im Juni 2011 entlassen, der Rest ihrer lebenslangen Freiheitsstrafe ist zur Bewährung ausgesetzt.

Hogefeld wurde 1993 in Bad Kleinen verhaftet. Dabei starben ein Polizist sowie Hogefelds Lebensgefährte Wolfgang Grams. Die Terroristin wurde 1999 wegen der Ermordung eines US-Soldaten und des Bombenanschlags auf die Frankfurter US-Airbase 1985 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Christian Klar

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Christian Klar, ein weiteres prominentes Mitglied der RAF, verließ am 19. Dezember 2008 nach 26 Jahren das Gefängnis. Bundespräsident Horst Köhler hatte wenige Monate zuvor noch ein Gnadengesuch abgelehnt.

Der Sohn eines Freiburger Lehrer-Ehepaares zählte Mitte der 70er Jahre zum inneren Führungszirkel der RAF. Fahnder hielten den studierten Historiker für besonders gewaltbereit. Christian Klar war 1977 mitverantwortlich für die Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer. 1985 erhielt er eine lebenslange Haftstrafe wegen gemeinschaftlich verübten Mordes an Schleyer, Generalbundesanwalt Siegfried Buback und am Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto sowie deren Begleitern.

Brigitte Mohnhaupt

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Brigitte Mohnhaupt kam Ende März 2008 frei. Sie wurde nach 24 Jahren Haft entlassen. Mohnhaupt gehörte zu den führenden Köpfen der RAF und war vermutlich unter anderem als Drahtzieherin und Organisatorin am Buback-Mord 1977 beteiligt. Erstmals festgenommen worden war sie bereits 1972 zusammen mit Holger Meins, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof sowie ...

Urteile im Kaufhausbrandstifter-Prozess

Quelle: dpa

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... Andreas Baader (2.v.r.): Gemeinsam mit Thorwald Proll (l.), Horst Söhnlein (2.v.l.) und Gudrun Ensslin (r.) hatte Baader in zwei Frankfurter Kaufhäusern Brände gelegt und einen Schaden von über zwei Millionen Mark verursacht. Dafür wurden die vier zu je drei Jahren Haft verurteilt. Doch 1970 befreiten ihn Ulrike Meinhof und andere mit Waffengewalt - die Baader-Befreiung gilt als Geburtsstunde der RAF.

Nach fünf Bombenanschlägen mit vier Toten und über 50 Verletzten sowie mehreren Banküberfällen wurde Baader zum meistgesuchten Terroristen Deutschlands - am 1. Juni 1972 wird er gefasst und später zu lebenslanger Haft verurteilt. Als Freipressungsversuche der zweiten RAF-Generation scheiterten, erschoss sich Andreas Baader am 18. Oktober 1977 in Stammheim.

Ulrike Meinhof nach ihrer Verhaftung, 1972

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Die zweite Führungsfigur der ersten RAF-Generation war Ulrike Meinhof. Auch sie fand ihren Tod in Stammheim, wo sie sich am 9. Mai 1976 mit einem in Streifen gerissenen Handtuch am Fenster erhängte. Auf dem Bild ist sie nach ihrer Verhaftung 1972 in Hamburg zu sehen.

RAF-AUFLÖSUNG FAHNDUNGSFOTOS

Quelle: DPA

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Jan-Carl Raspe wird ebenfalls zu den führenden RAF-Mitgliedern der ersten Generation gezählt. Der Fabrikantensohn schloss sich 1970 der RAF an und war vermutlich der Bombenbastler der Gruppe. Er ging den Fahndern gemeinsam mit Andreas Baader und Holger Meins am 1. Juni 1972 in Frankfurt ins Netz und wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

Raspe, Andreas Baader und Gudrun Ensslin erschossen sich am 18. Oktober 1977 in Haft. Die Nacht ging als "Todesnacht von Stammheim" in die Geschichtsbücher ein und Sympathisanten der RAF zweifelten an der Selbstmord-Version. Unabhängige Gutachter haben allerdings nie Beweise für einen anderen Todeshergang gefunden.

BGH entscheidet über Beugehaft wegen Buback-Ermordung

Quelle: dpa

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Ebenfalls für den Buback-Mord verantwortlich gemacht wurde Knut Folkerts. 1980 bekam er dafür eine lebenslange Haftstrafe, 1995 kam er vorzeitig frei. Wer genau welche Rolle beim Buback-Mord gespielt hat, ist allerdings bis heute unklar.

Seit seiner Freilassung führt Folkerts eine unauffällige Existenz als Buchhalter in Hamburg. Die Niederlande würden ihn aber gerne wieder im Gefängnis sehen: Wegen eines Polizistenmordes in Utrecht war Folkerts dort zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

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Quelle: SZ

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Das Schicksal von mindestens sieben ehemaligen RAF-Leuten ist bis heute ungewiss. In vier Fällen wurde die Suche inzwischen eingestellt. Nur noch drei Leute stehen immer noch auf der Liste der "meistgesuchten Personen" des BKA, darunter Ernst-Volker Staub, ...

Foto: ddp (Fahndungsfoto)

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Quelle: SZ

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... Daniela Klette ...

Foto: ddp (Fahndungsfoto)

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Quelle: SZ

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... und Burkhard Garweg. Auf ihre Ergreifung und die dadurch erhoffte Aufklärung von Anschlägen sind hohe Belohnungen ausgesetzt - "im Einzelfall in Millionenhöhe".

Foto: ddp (Fahndungsfoto)

© sueddeutsche.de/Barbara Vorsamer
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