50 Jahre Kuba-Krise:Als der Sicherheitsrat zum Gerichtssaal wurde

Showdown bei den Vereinten Nationen: Der amerikanische Botschafter Stevenson attackiert seinen sowjetischen Kollegen Sorin im UN-Sicherheitsrat erbarmungslos - und präsentiert schließlich selbst die Beweise für auf Kuba stationierte Atomraketen. Eine Blamage für Moskau und Havanna, die Fidel Castro nicht auf sich sitzen lassen will.

Hubert Wetzel

Am 25. Oktober 1962 verlagerte sich die Konfrontation zwischen Amerika und der Sowjetunion nach New York. Zum einen begann ein reger Briefwechsel zwischen Weißem Haus und Kreml, der über UN-Generalsekretär Sithu U Thant geführt wurde. Zum anderen beschäftigte sich der Weltsicherheitsrat mit der Krise.

Der amerikanische UN-Botschafter Adlai Stevenson war auf Krawall aus. In der Sitzung attackierte er seinen sowjetischen Kollegen Walerian Sorin, der vom Kreml nicht über die Atomraketen auf Kuba informiert worden war, erbarmungslos. Man kann sich die Szene bei Youtube anschauen: Sorin solle sagen, ob die Raketen auf der Insel seien, forderte Stevenson. "Ja oder Nein. Warten Sie nicht auf die Übersetzung - Ja oder Nein". Empört verteidigte sich der Vertreter Moskaus, er säße nicht in einem amerikanischen Gerichtssaal.

Stevenson gab die Antwort dann selbst: Eine Staffelei wurde im Saal aufgestellt, darauf breiteten US-Diplomaten Luftbilder der Raketen auf Kuba aus - eine Blamage für Moskau und Havanna. Eine solche Show gab es im Weltsicherheitsrat erst wieder, als US-Außenminister Colin Powell dort 2003 die angeblichen Beweise für Iraks angebliche Massenvernichtungswaffen präsentierte.

Castro wirft Sorin zu lasche Haltung vor

Empört war auch Kubas Herrscher Fidel Castro, allerdings - wie oft im Verlauf und vor allem am Ende der Krise - über die seiner Ansicht nach viel zu lasche Haltung der Sowjets. Sorin habe sich übertölpeln lassen, klagte Castro später in seiner Autobiografie. "Er griff nicht an, klagte nicht an, er brachte keinen der berechtigten Gründe (dafür) vor", warum Kuba der Stationierung der Raketen zugestimmt habe.

Vor Kubas Küste entfaltete sich derweil ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen der US-Marine, die die Blockade durchsetzen sollte, und Schiffen, die nach Kuba wollten. Die US-Regierung, die einen Zwischenfall vermeiden wollte, suchte nach allerlei Ausreden, um kein Schiff, das unter der Flagge eines Staates aus Moskaus Orbit fuhr, aufbringen zu müssen. Der sowjetische Tanker Bukarest wurde ebenso durchgelassen wie der DDR-Urlauberdampfer Völkerfreundschaft. Präsident John F. Kennedy persönlich wählte dann den libanesischen Frachter Marucla als das erste Schiff aus, dass am nächsten Tag tatsächlich gestoppt werden sollte.

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