Uwe Baschel nach einer Sitzung der CDU-Landtagsfraktion 1987 in Kiel.
(Foto: dpa)Der Tote in der Badewanne von Zimmer 317 des Genfer Hotels "Beau Rivage" trägt Anzughose, Hemd und Krawatte. Die rechte Hand, die aus dem Wasser ragt, ist mit einem Handtuch umwickelt, auf dem der Kopf ruht. Die Uhr ist um 12:45 Uhr stehen geblieben. Im Zimmer liegen ein ausgerissener Hemdknopf, ein zerbrochenes Weinglas, ein verrutschter Vorleger mit Verfärbungen und dem Abdruck eines Schuhs. Ein Stern-Reporter findet die Leiche am 11. Oktober 1987.
Seitdem ist in Büchern und auch in Filmen kräftig über das Ende des früheren Kieler Ministerpräsidenten Uwe Barschel (CDU) spekuliert worden. Auch 25 Jahre danach spukt der Untote von der Förde, der an einer Überdosis Medikamente und Schlafmittel starb, noch immer. Viele geläufige Mythen - wie etwa in den Fällen Petra Kelly oder Marilyn Monroe - verblassen angesichts des Mythos Barschel, was eigentlich ziemlich erstaunlich ist.
Von "Barscheleien" war die Rede
Zu Lebzeiten war der 43-Jährige ein relativ unbedeutender Regionalpolitiker, den längst nicht alle Deutschen kannten. Erst sein Fall und sein Tod machten ihn berühmt. Angeblich war er der Hauptakteur in einer der größten Polit-Affären der Nachkriegszeit gewesen. Er habe seinen Konkurrenten um das Amt des Ministerpräsidenten, den Sozialdemokraten Björn Engholm, so lautete der Vorwurf, mit übelsten Verleumdungen bekämpft. Von "Barscheleien" war die Rede.
Wie ist er gestorben? "Selbstmord ist langweilig, Mord ist interessant", stellte der frühere Kieler Generalstaatsanwalt Erhard Rex fest, der sich zehn Jahre lang mit dem Fall beschäftigte. Rex glaubt nicht an Mord.
Für die Mordtheorie fehlt es nicht nur an Belegen, sondern vor allem an einem irgendwie nachvollziehbaren Tatmotiv. Bei der Obduktion der Leiche fanden Mediziner keine deutlichen Zeichen irgendeiner Gewalteinwirkung. Nur auf der rechten Seite der Stirn war ein blauer Fleck, ein blasses Hämatom. Barschel könnte sich in der Wanne gestoßen haben, als er das Bewusstsein verlor.
"Ein Mord, der keiner sein durfte"
Man muss schon empfänglich für Theorien über die große Verschwörung und die perfekte Konspiration sein, um die Mordtheorie zu favorisieren. Dann hat man allerdings die freie Auswahl: Barschel könnte mit dem rassistischen System in Südafrika blutige Waffengeschäfte gemacht haben oder auch mit Iran oder sonst wem - ein Dutzend Nachrichtendienste und auch die Mafia sollen im Spiel gewesen sein.
Vor 18 Jahren hat die Lübecker Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Verdachts des Mordes gegen Unbekannt eingeleitet. 1998 wurde die 14.000 Seiten dicke Akte geschlossen. Der inzwischen pensionierte Chef der Lübecker Behörde, Heinrich Wille, hatte nichts Wesentliches gefunden, aber danach hat er dennoch ein erstaunliches Buch über den Fall geschrieben, den er nicht lösen konnte: "Ein Mord, der keiner sein durfte". Wille geht von Mord aus.