Verbotsantrag:Spekulationen über weitere V-Männer bei der NPD

Nach dem Debakel um den ehemaligen V-Mann und Rechtsextremisten Wolfgang Frenz im NPD-Verbotsverfahren verstärken sich Spekulationen über weitere Spitzel, die die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht womöglich ernsthaft gefährden könnten.

Susanne Höll

Berlin - Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sollte die für die Geheimdienstkontrolle zuständige Parlamentarische Kontrollkommission des Bundestages noch im Laufe des gestrigen Freitags in Berlin zusammenkommen. Der Grund für das Treffen wurde nicht genannt. Spekuliert wurde darüber, dass der Name eines weiteren V-Mannes genannt werden könnte.

Ob dieser - wie Frenz - einer der übrigen 13 Auskunftspersonen sein könnte, den das Bundesverfassungsgericht als Zeugen geladen hatte oder zu den Quellen gehört, auf dessen Aussagen sich die Verbotsanträge von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat stützen, war zunächst aber unklar. Vermutet wurde weiterhin, dass es sich bei dem V-Mann um einen NPD-Vertreter aus Nordrhein-Westfalen handeln könne.

Die NPD, die seit längerem bewusst Spekulationen über Spitzel aus den eigenen Reihen schürt, nannte auf Anfrage keine Namen. Ein Parteisprecher sagte der Süddeutschen Zeitung, man vermute, dass es unter den Auskunftspersonen einen zweiten V-Mann gebe. Der Anwalt Horst Mahler, der die NPD im Verbotsverfahren vertritt, sagte, es gebe Informationen, die die NPD zu gegebener Zeit offen legen werde.

Auch das Bundesinnenministerium schloss die Existenz eines zweiten V-Mannes unter den Zeugen nicht mehr aus. Ministeriumssprecher Rainer Lingenthal sagte, auch dies würde bei der Überprüfung der gesamten Frenz-Affäre in Bund und Ländern noch einmal kontrolliert. Minister Otto Schily (SPD) hatte am Mittwoch noch gesagt, nach seiner Kenntnis gebe es unter den Zeugen keine weiteren Spitzel.

Dass unter den Quellen auch Aussagen von V-Leute sind, ist seit längerem bekannt. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sprach von bis zu vier V-Leuten. Diese Quellen sollen auch zu deren eigenem Schutz geheim gehalten werden. Ihr Hintergrund könnte in einem Verfahren dem Gericht bei Bedarf aber unter besonderen Bedingungen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit erläutert werden.

Offenkundig auch aus Sorge um den Fortgang des Verbotsprozesses waren Bundesregierung und Opposition nach zunächst heftiger Auseinandersetzung um verhaltenere Töne bemüht. Union und FDP hielten sich zwar die Möglichkeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Klärung der Affäre offen. Dass ein Ausschuss eingesetzt wird, ist aber auch nach Worten von Vize-Unionsfraktionschef Wolfgang Bosbach nicht sehr wahrscheinlich.

Auch einen Sonderermittler der Parlamentarischen Kontrollkommission wird es nicht geben. Eine entsprechende Initiative der Opposition, die von dem Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele befürwortet worden war, kam wegen des Widerstands der SPD-Bundestagsabgeordneten in dem Gremium nicht zu Stande. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz, der der Kommission nicht angehört, sagte, auch er sei gegen einen solchen Sachverständigen. Die Bundestagsabgeordneten hätten selbst genug Kontrollmöglichkeiten. Mitte nächster Woche will der Innenausschuss des Bundestages Schily erneut befragen und über das weitere Vorgehen beraten.

Schily bedauerte im Bundestag erneut die Informationspannen in seinem Haus im Falle Frenz und entschuldigte sich ausdrücklich bei den Richtern des Bundesverfassungsgerichts, die am Dienstag die für Februar angesetzte mündliche Verhandlung ausgesetzt hatten. Abgeordnete von SPD und Grünen stützten ihm den Rücken. Kritik kam von der Opposition, die Konsequenzen, nicht aber ausdrücklich seinen Rücktritt forderte.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: