Verbot von Bibellesung gegen Fremdenfeindlichkeit:Wormser Weihnacht

  • Ein Pfarrer will in Worms gemeinsam mit Aktivisten anhand einer Bibellesung auf das Schicksal von Flüchtlingen aufmerksam machen und gegen Fremdenfeindlichkeit demonstrieren.
  • Die Stadt Worms und auch das Verwaltungsgericht Mainz verbieten die Aktion - diese störe die Stimmung auf dem Weihnachtsmarkt.
  • Nach einigem Hin und Her finden beide Seiten schließlich einen Kompromiss.

Von Annette Zoch

"Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten." So steht es im Matthäus-Evangelium über die ersten Tage im Leben Jesu. Diese Textpassagen wollte der evangelische Pfarrer Fritz Delp an diesem Dienstag zusammen mit Kirchenvertretern und Anti-rechts-Aktivisten auf dem Wormser Weihnachtsmarkt vorlesen - um gegen Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren und um darauf aufmerksam zu machen, dass auch die Heilige Familie eine Flüchtlingsfamilie war.

Nach Ansicht der Stadt Worms stört das die Stimmung auf dem Weihnachtsmarkt. Sie hat die vor der lebensgroßen Krippe geplante Kundgebung verboten. Das Verwaltungsgericht Mainz hat der Stadt recht gegeben. Bei den Weihnachtsmarktbesuchern handele es sich in der Regel um Familien mit kleinen Kindern, die sich neben Erwachsenen unbeschwert im Bereich des Weihnachtsmarktes bewegen wollen, heißt es in der Verfügung des Ordnungsamtes Worms, die der SZ vorliegt. Weiter steht darin: "Nicht genauer definierte Darstellungen einer Krippenszene vor einer Krippe können zu Irritationen führen."

Szenische Lesung mit "Übersetzung in die deutsche Realität"

Die Veranstaltung sei im Namen des Piratenpartei-Kreisverbandes angemeldet worden, auch ein Megafon war angekündigt, so Stadt-Sprecher Hans Helmut Brecht. "Wir haben befürchtet, dass dort eine parteipolitische Veranstaltung stattfinden soll, und das würde den beschaulichen Charakter eines Weihnachtsmarktes stören."

Das Verwaltungsgericht Mainz folgte dieser Ansicht. Der Weihnachtsmarkt habe eine eindeutige Zweckbestimmung, sagt Vizepräsident Wilfried Eckert. Für politische Botschaften sei dort kein Platz. Zudem habe die Stadt andere Standorte angeboten. "Es geht nicht um ein Verbot als solches, sondern um ein Verbot an dieser Stelle."

Pfarrer Delp sagt, seine Gruppe habe eine szenische Lesung geplant, mit Texten aus dem Matthäus-Evangelium und einer "Übersetzung in die deutsche Realität". In seiner Luthergemeinde organisiert er seit geraumer Zeit mit anderen Aktivisten einen Runden Tisch gegen Fremdenfeindlichkeit. Dieser beteiligt sich auch an Mahnwachen gegen rechts, die in Worms seit dem Einzug eines NPD-Mannes in den Stadtrat regelmäßig abgehalten werden. Delp und seine Mitstreiter einigten sich mit der Stadt schließlich auf einen Kompromiss und verlegten die Aufführung auf die gegenüberliegende Seite des Marktes.

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