USA:Tippfehler und andere Unsauberkeiten

Ein Missgeschick könnte Hackern den Zugriff auf Clintons E-Mails ermöglicht und so die US-Wahl beeinflusst haben. Sogar Republikaner sind verstört.

Von Sacha Batthyany, Washington

Donald Trumps beinahe devote Haltung gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wurde schon im gesamten Wahlkampf augenfällig. Die Ernennung von Rex Tillerson zum neuen Außenminister, dem eine enge Verbindung zu Russland nachgesagt wird, ist nur der vorerst letzte Schritt in Trumps Balztanz Richtung Kreml.

Im September 2015, damals war Trump noch ein Präsidentschaftsbewerber unter vielen, bezeichnete er Putin als "wahren Leader", und er mutmaßte, dass er mit dem russischen Staatsführer "sicher gut auskommen" werde. Nachdem im Oktober vorigen Jahres klar geworden war, dass prorussische Kräfte in der Ukraine ein Flugzeug der Malaysia Airline abgeschossen hatten, sagte Trump: "Man kann nicht sicher sein, wer es war." So ging das weiter.

Putins Krim-Annexion kommentierte Trump mit den Worten: "Die Menschen auf der Krim wollen sowieso lieber zu Russland gehören." Auf die ersten Gerüchte, Russland könnte hinter den Hackerangriffen auf die Demokratische Partei stehen, antwortete Trump: "Es könnte Russland sein. Es könnte aber auch China sein. Oder ein Typ, der in New Jersey auf einem Bett sitzt und 400 Pfund wiegt."

"Die USA haben Erfahrung darin, sich in Wahlen einzumischen, nun aber sind sie Opfer."

Putin gab die Komplimente zurück, nannte Trump mal "brillant", mal "sehr talentiert". Die beiden eint ihre Kritik an der Nato. Und ähnlich wie Putin will auch Trump ein schnelles Vorgehen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, auf Teufel komm raus.

"Seit dem Zweiten Weltkrieg gehört es zur amerikanischen Außenpolitik, Russlands Einfluss mal mehr, mal weniger offen zu bekämpfen", sagte Harvard-Professor Stephen F. Cohen, ein Russland- und Kalter-Krieg-Experte. "Die Nominierung Tillersons zum Chefdiplomaten zeigt, dass Donald Trump mit dieser Tradition offenbar brechen will."

Trump Transition

Alles seins: Donald Trump macht sich mit dem eigenen Flugzeug auf den Weg nach Wisconsin.

(Foto: John Taggar/dpa)

Doch die Wahl Tillersons fällt in eine Zeit, in der sich das politische Washington die Augen reibt über von US-Diensten bestätigte Berichte, dass der Kreml sich mittels Cyberattacken in die US-Wahlen eingemischt haben könnte. Hacker sollen im Auftrag russischer Geheimdienste die E-Mail-Konten der Demokratischen Partei und den Google-Account von John Podesta, Hillary Clintons Wahlkampfmanager, geknackt und Informationen abgesaugt haben - mit dem Ziel, "Trump zum Sieg zu verhelfen", wie die Washington Post auf Berufung von CIA-Unterlagen schrieb.

Der Befund der CIA verstört Republikaner wie Demokraten gleichermaßen. Sollte sich Moskau tatsächlich in die Wahlen eingemischt und die Demokratie Amerikas untergraben haben, ist das ein schwerwiegender Verstoß. "Die USA haben Erfahrungen damit, sich selber in Wahlen anderer Länder einzumischen", so Professor Cohen, nun aber sind sie "Opfer einer möglichen Einmischung von außen", was für das Land eine neue Situation darstelle und Ängste auslöse.

"Es ist das politische Äquivalent zu den Terroranschlägen vom 11. September", sagte Mike Morell, früherer Direktor des Auslandsgeheimdienstes CIA. Eine Cyberattacke von diesem Ausmaß sei eine Attacke "auf die Art, wie wir leben und unsere Zukunft bestimmen". Andere Kommentatoren, wie der New York Times-Kolumnist Paul Krugman, sprechen bereits von "gefälschten Wahlen". Trump habe die Mehrheit der Wahlmänner nur "dank tatkräftiger Hilfe aus dem Ausland" gewonnen. Er ziehe im Januar "unrechtmäßig" ins Weiße Haus. Ob Trump allerdings die Wahl aufgrund der Einmischung Russlands gewann, wie Krugman schreibt, wird wohl nie geklärt. Von US-Diensten bestätigt ist nur, dass Hacker im Auftrag Russlands gehandelt haben und die Informationen Wikileaks und einem Blog namens Guccifer 2.0 zur Verfügung stellten, was gemäß CIA dazu führen sollte, Clinton zu schwächen.

Trump wählt Innenminister

Das Wunschkabinett des designierten US-Präsidenten Donald Trump nimmt weiter Gestalt an. Nach Angaben seines Teams entschied er sich am Mittwoch für den früheren Marine-Kommandeur Ryan Zinke als Innenminister. Der 55-jährige Republikaner sitzt für den Bundesstaat Montana im US-Repräsentantenhaus, wo er sich für die Lockerung von Umweltauflagen starkmacht. Zum Energieminister will Trump Rick Perry machen, seinen Rivalen aus dem Vorwahlkampf. Der ehemalige Gouverneur des Öl-Staates Texas hatte sich 2012 für die Abschaffung des Ministeriums ausgesprochen, das er nun leiten soll. Zinke hatte sich im Wahlkampf zwar früh hinter Trump gestellt, seine Nominierung als Innenminister kam aber überraschend. Zinke und Perry müssen vom Senat bestätigt werden, dort haben die Republikaner eine knappe Mehrheit.

Reuters

Die New York Times berichtet in ihrer jüngsten Ausgabe detailliert, wie sich die Hacker Zugang zu den E-Mails verschafft haben, was beinahe wie ein überdrehter Spionagethriller aus Hollywood klingt. Gemäß den Recherchen könnte ein Tippfehler eines IT-Mitarbeiters dazu geführt haben, dass sich die Hacker mit wenig Mühe Zugriff auf 60 000 sensible Clinton-Mails verschaffen konnten. Der Mitarbeiter leitete seinem Chef John Podesta eine E-Mail weiter mit der Aufforderung, das Passwort zu ändern. Es handle sich, so schrieb er, um eine "seriöse E-Mail" (englisch: legitimate). Dabei wollte er anscheinend "unseriös" schreiben (engl: illegitimate), habe sich aber vertippt. Podestas Mitarbeiter änderten daraufhin das Passwort, worauf sich die Hacker Zugang verschafften. Offenbar sollen auch viele Viren- und Anti-Phishing-Programme der Demokratischen Partei (DNC) veraltet sein, was zeigt, wie unvorbereitet die DNC auf solche Angriffe war.

Die Wahl Tillersons wird zum Kräftemessen, denn der US-Senat muss zustimmen

Anders als Trump, der die Behauptungen über Cyberattacken Russlands als "totalen Unsinn" bezeichnet, fordern einflussreiche Republikaner, wie der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, "eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle". Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, sagte: "Wir akzeptieren keine Einmischung aus dem Ausland. Schon gar nicht von Russland unter dem Aggressor Putin."

Noch nicht im Amt, stößt Trump auf Widerstand - auch aus den eigenen Reihen. Nicht nur, was die Hackervorwürfe betrifft, die Trump offenbar allzu gerne ignorieren würde. Auch die Wahl Tillersons zum Außenminister wird zum Kräftemessen, denn der US-Senat muss zustimmen.

Zunächst wird über Tillerson im Auswärtigen Ausschuss beraten, in dem die Republikaner nur eine Mehrheit von einer Stimme haben. Marco Rubio äußerte "große Bedenken" zu Tillersons Nominierung. "Ein Freund Putins zu sein, ist keine Auszeichnung. Schon gar nicht, wenn man Außenminister der USA werden will." Ähnliche Worte wählte Senator John McCain, schließlich sei Putin "ein Mörder und Gauner". McCain zeigte völliges Unverständnis, wie man sich mit dem "ehemaligen KGB-Agenten" auch nur auf Fotos ablichten lassen könne, wie das Tillerson offenbar "gerne und oft" tat.

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