USA prüfen Anklage gegen Wikileaks-Gründer:Assange und der Verschwörungsvorwurf

Die USA tüfteln an einer Anklage gegen Julian Assange. Jetzt wollen sie ihm Verschwörung nachweisen. Die Verteidiger des Wikileaks-Gründers sind unterdessen "geschockt" über eine Aussage schwedischer Behörden.

Am Donnerstagmittag entscheidet ein Londoner Gericht über die Freilassung Julian Assanges auf Kaution, auf der anderen Seite des Atlantiks feilen die Rechtsexperten der amerikanischen Regierung unterdessen an einer Anklage gegen den Wikileaks-Gründer. Offenbar sind sie in der Frage, wie sie ihn anklagen könnten, einen Schritt weiter gekommen.

Die New York Times berichtet, Assange könnte wegen Verschwörung belangt werden - zumindest wenn ihm nachgewiesen werden kann, dass er den Soldaten Bradley Manning angestiftet hat. Der Armee-Analyst gilt als Leck im US-Militär; er soll Hunderttausende vertrauliche Dokumente an Assange weitergeleitet haben.

Jetzt gilt es festzustellen, ob Assange seine Quelle Manning aktiv dazu drängte, die Dokumente zu stehlen oder ob er lediglich deren mehr oder weniger argloser Empfänger war. Dazu durchforsten US-Ermittler laut dem Bericht derzeit unter anderem Chatprotokolle. Sie dokumentieren die Kommunikation Mannings mit dem Hacker Adrian Lamo. In den Chats gab der Soldat Manning mit seinen Wikileaks-Kontakten an. Lamo verriet Manning anschließend an die Behörden. Außerdem soll Manning behauptet haben, Assange habe ihm einen speziell für seine Uploads vorgesehenen Computer-Server zur Verfügung gestellt.

Sollte aus den Protokollen hervorgehen, dass die Initiative von Assange ausging, könnte der Australier als Mitverschwörer angeklagt werden. Zu dem Bericht der New York Times wollte das Justizministerium keine Stellungnahme abgeben.

Die US-Armee ist überzeugt, dass Manning derjenige war, der die Daten von ihren Servern herunterlud und über eine verschlüsselte Verbindung auf Wikileaks-Server übertrug. Er sitzt derzeit auf einem Militärstützpunkt in Virginia in Haft. Ihm drohen bis zu 52 Jahre Gefängnis.

Seit der Veröffentlichungen der US-Botschaftsdepeschen durch Wikileaks Ende November steigt der innenpolitische Druck auf die Regierung Barack Obamas, Assange strafrechtlich zu verfolgen. Vor allem aus den Reihen der Republikaner wurden Rufe nach einem harten Durchgreifen gegen den Aktivisten laut.

Doch die Beamten im Justizministerium haben schon Schwierigkeiten, den Vorwurf gegen den 39-Jährigen zu formulieren. Spionage scheidet als Vorwurf vermutlich aus: Assange ist australischer Staatsbürger, vor allem aber hat er die Dokumente nicht selbst aus dem internen Kommunikationssystem des Militärs herausgezogen - das war Manning.

Einspruch aus London

Überraschende Neuigkeiten gibt es aus London: Den Einspruch gegen Assanges Freilassung gegen Kaution sollen nicht die schwedischen, sondern die britischen Strafverfolgungsbehörden erhoben haben. Auch sollen sie selbständig die Entscheidung gefällt haben, ihn festzunehmen.

Bradley Manning Wikileaks

Leitete offenbar vertrauliche US-Dokumente in großer Zahl an Wikileaks weiter: Soldat Bradley Manning

(Foto: AP)

Sogar die Anwälte Assanges waren bisher davon ausgegangen, dass die schwedischen Behörden die Initiative ergriffen hatten, nachdem ein britisches Gericht seine Freilassung entschieden hatte. "Wir haben damit nichts zu tun, hier handeln die Londoner Staatsanwälte ohne uns", sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Stockholm. Ausländische Behörden hätten gar nicht die Berechtigung, in Großbritannien tätig zu werden.

Assanges Anwälte zeigten sich laut dem britischen Guardian schockiert: Die Anklagebehörde des Crown Prosecution Service habe ihnen versichert, die Schweden hätten darauf gedrängt, den Wikileaks-Gründer hinter Gittern zu behalten.

Am Donnerstagmittag entscheidet der Oberste Gerichtshof in London über den Antrag, Assange weiter in Haft zu behalten. In Schweden wird er wegen Sexualdelikten gesucht: Er soll zwei Frauen zum ungeschützen Geschlechtsverkehr gezwungen haben. Das britische Gericht hatte am Dienstag entschieden, der Australier könne gegen Kaution und unter strengen Auflagen freigelassen werden. Dagegen legte die britische Staatsanwaltschaft jetzt Einspruch ein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: