US-Politik:Tickende Zeitbomben für Trump

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Die Verfahren gegen Michael Cohen und Paul Manafort könnten der Beginn einer Entwicklung sein, an deren Ende der US-Präsident gehen muss - wie einst Richard Nixon.

Kommentar von Kurt Kister

Michael Cohen ist ein Rechtsanwalt, wie man ihn aus amerikanischen Fernsehserien kennt. Er ist gewitzt und weitgehend skrupellos, narzisstisch und relativ geldgierig, einer von denen, die stets darauf achten müssen, dass niemand merkt, wie oft sie das Recht brechen, während sie es beugen.

Wohl weil alle diese Eigenschaften in verstärktem Maß auch auf Donald Trump zutreffen, war Cohen einer von seinen Vertrauensanwälten. Im Zuge der Arbeit des Sonderermittlers Robert Mueller sind relativ schnell hinreichende Erkenntnisse gewonnen worden, dass Cohen diverse Vergehen und Verbrechen begangen hat. Am Dienstag hat er sich vor Gericht in New York schuldig bekannt, es ging unter anderem um Steuerhinterziehung, Falschaussage sowie illegale Wahlkampffinanzierung.

Wenn Trump Pech, Amerika und die Welt aber Glück haben, könnte Michael Cohens Prozess der Beginn einer Entwicklung sein, an deren Ende möglicherweise Donald Trump so aus dem Weißen Haus scheiden muss wie Richard Nixon. Nixon ging, weil er sich, verstrickt in seine Lügenpolitik, selbst unhaltbar gemacht hatte. Er trat im August 1974 zurück, noch bevor der Kongress formell über die Einleitung des Amtsenthebungsverfahrens, das Impeachment, abgestimmt hatte.

Cohens Aussagen sind deswegen so bedeutend, weil jetzt zum ersten Mal der Präsident vor Gericht de facto als Mittäter bei einem sogenannten federal crime, einem Verbrechen nach Bundesrecht, bezeichnet worden ist. Cohen sagt, "ein Kandidat" (also Trump) habe ihn vor der Wahl 2016 angewiesen, Schweigegeld an zwei Frauen zu bezahlen, mit denen Trump (angeblich) Affären hatte.

Man habe dies getan, weil Trump und seine Leute befürchteten, die Erzählungen der beiden könnten Trumps Wahlchancen beeinträchtigen. Und damit rücken die Zahlungen aus der Sphäre des Privaten in die der Politik: Das Schweigegeld diente Wahlkampfzwecken und hätte nach Bundesrecht als Wahlkampf-Finanzierung deklariert werden müssen.

Trump selbst hat bisher sowohl die Affären (privat) als auch die Schweigegelder (politisch) geleugnet beziehungsweise gesagt, er habe nichts von den Zahlungen gewusst. Die allgemeine Lebenserfahrung sagt, dass das gelogen ist - und nun sagt es auch der Mittäter Cohen, der solche Dinge für Trump erledigt hat.

Donald Trump also hat, nach allem was man jetzt weiß, mindestens illegale Wahlkampffinanzierung aktiv betrieben, möglicherweise hat er sich auch in diesem Zusammenhang der Verschwörung zur Behinderung der Justiz schuldig gemacht.

Letzteres könnte sehr relevant sein. "Behinderung der Justiz" ist ein Verbrechen, dessentwegen der Kongress ein Impeachment-Verfahren anstrengen könnte - wenn er es denn mit deutlicher Mehrheit wollte.

Allerdings wäre auch ein anderer Weg denkbar: die Anklage vor einem ordentlichen Gericht wegen einer Straftat. Zwar genießt der US-Präsident als Amtsperson Immunität, die sich aber eigentlich nicht auf Verbrechen im privaten Bereich bezieht. Ein solches Verfahren hat es bisher gegen keinen amtierenden Präsidenten gegeben. Aber bei Präsident Trump gibt es vieles, was es bisher nicht gegeben hat.

Noch ist angesichts der Zerrissenheit von Gesellschaft und Politik in Amerika die weitere Haltung der Republikaner gegenüber ihrem Präsidenten kaum absehbar. Bestimmend dafür sind die Verfahren gegen Michael Cohen und durchaus auch Paul Manafort, den ehemaligen, kurzzeitigen Wahlkampfmanager Trumps, der wegen einer Fülle von Straftaten wohl Jahrzehnte lang hinter Gitter muss.

Manaforts bisher bekannte Verbrechen haben nichts mit Trump zu tun - und dennoch kann es sein, dass auch Manafort Dinge aus dem Wahlkampf, speziell was die Russland-Connection angeht, weiß, die Trump sehr schaden könnten, wenn Manafort reden würde, zum Beispiel um sein Strafmaß zu senken.

Cohen und Manafort sind tickende Zeitbomben für Trump. Und sie sind nur die ersten beiden Trump-Leute, denen jetzt im Zusammenhang mit Muellers Ermittlungen Prozesse gemacht werden; weitere können und werden folgen. Sollten außerdem die Republikaner bei den Kongress-Wahlen im November auch noch spürbare Einbußen erleiden, könnte sich die Stimmung drehen.

Wie Richard Nixon hat Trump gelogen, wie bei Nixon ging es um illegale Wahlkampfmachinationen, wie Nixon wütet Trump gegen alle, die ihn beschuldigen. Damals hielten die Republikaner zu lang an Nixon fest. Mal sehen, ob sie das heute bei Trump auch wieder tun.

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