US-Dekret zu Einwanderung:Trumps Einreisestopp: Chaos und Proteste an Flughäfen

  • Flüchtlinge wurden bereits an mehreren Flughäfen an der Einreise in die USA gehindert.
  • Hunderte US-Visa von verfolgten Iranern wurden storniert.
  • Menschen in New York reagieren mit Protesten auf die Festsetzung zweier Iraker, die in ihrer Heimat sjahrelang unter größter Gefahr für die US-Regierung gearbeitet hatten.

Donald Trumps Ankündigung, Menschen aus bestimmten muslimisch geprägten Ländern nicht mehr in die USA einreisen zu lassen, ist von den US-Behörden rasch in die Tat umgesetzt worden.

Der US-Präsident hatte einen Erlass unterzeichnet, der die Visa-Vergabe an Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern für 90 Tage untersagt. Dem Dekret zufolge sollen Bürger der Länder Irak, Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien für drei Monate nicht mehr in die USA einreisen dürfen - ausgenommen sind nur Besitzer von Diplomaten-Visa und Mitarbeiter internationaler Organisationen.

Nicht ausgenommen sind aber selbst Besitzer einer sogenannten Green Card, die es ihnen eigentlich erlaubt, sich unbefristet in den USA aufzuhalten und zu arbeiten. Das American-Arab Anti-Discrimination Council (ADC) hat dem Guardian zufolge bereits Berichte erhalten, wonach Besitzern von Green Cards an mehreren Flughäfen das Boarding von Flugzeugen in Richtung Vereinigte Staaten verweigert wurde. Das National Iranian American Council (NIAC) habe dem Guardian zufolge Green-Card-Besitzer aufgefordert, Iran zunächst nicht zu verlassen, bis es Klarheit über die Einreisebestimmungen gibt.

In Ägypten sind Flüchtlinge auf dem Flughafen in Kairo gestrandet. Sechs Menschen seien am Samstag daran gehindert worden, eine Maschine der EgyptAir mit Flugziel New York zu besteigen, sagten Flughafenmitarbeiter.

Die sieben Personen, sechs Iraker und ein Passagier aus dem Jemen, seien von Mitarbeitern des UN-Flüchtlingshilfswerkes begleitet worden, hieß es weiter. Nach einem Anruf im New Yorker Flughafen John F. Kennedy habe die Flughafenbehörde die Gruppe gestoppt. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.

Iraker, die für US-Regierung arbeiteten, in New York festgehalten

Zwei weitere Iraker wurden Berichten der New York Times zufolge am Flughafen JFK bei der Einreise in die USA festgesetzt. Der eine, Hameed Khalid Darweesh, arbeitete nach Informationen seines Anwalts zehn Jahre lang für die US-Regierung im Irak, unter anderem als Übersetzer. Es ist bekannt, dass Menschen, die beispielsweise während der Kriege im Irak und in Afghanistan mit den dort stationierten US-Streitkräften zusammenarbeiteten, nach dem Abzug der Truppen großer Gefahr durch Racheakte ihrer Landsleute ausgesetzt sind.

Ein ehemaliger Kollege Darweeshs aus der US-Armee sagte der NYT: "Unser Land schuldet Darweesh großen Dank." Am Flughafen versammelten sich nach Bekanntwerden von Darweeshs Geschichte zahlreiche Menschen. Mit Plakaten ("Lasst sie rein!", "Haltet die Türen offen für die zusammengekauerten Massen", "Einwanderer sind Amerika") und Sprechchören forderten sie seine Freilassung.

Den Anwälten von Darweesh und Alshawi sei der Kontakt zu ihren Klienten zunächst verweigert worden, heißt es weiter in der New York Times. Darweesh kam erst nach 19 Stunden frei. Unter Tränen und unter dem Jubel der Demonstranten umarmte er seine Verwandten.

Der andere Iraker, Haider Sameer Abdulkhaleq Alshawi, dessen Frau ebenfalls im Irak für von der US-Regierung beauftragte Sicherheitsfirmen gearbeitet hatte, wollte mit einem gültigen Visum in die USA einreisen, um wieder mit seiner Familie vereint zu sein. Die Frau und der gemeinsame Sohn leben der Zeitung zufolge bereits in Texas.

"Ich breche zusammen, weil ich nicht weiß, was ich tun soll", wird die Frau von Alshawi von der Zeitung zitiert. "Das ist nicht fair." Ihr Sohn habe seinen Vater seit drei Jahren nicht gesehen. Zu Weihnachten habe er einen Brief an Santa Claus geschrieben mit der Bitte, seinen Vater nach Hause zu bringen.

Alshawi wird seinem Anwalt zufolge noch immer am Flughafen festgehalten.

Protestors Rally At JFK Airport Against Muslim Immigration Ban

Demonstranten am Flughafen JFK

(Foto: AFP)

Syrische Flüchtlinge reagieren geschockt auf Trumps Dekret

Neben dem Einreisestopp für Muslime aus den genannten Ländern wird auch das Flüchtlingsprogramm der USA für 120 Tage ausgesetzt, syrische Flüchtlinge dürfen vorerst gar nicht mehr einreisen.

"Als wir von dem Dekret hörten, war es wie ein Blitzschlag. Alle unsere Hoffnungen und Träume haben sich in Luft aufgelöst", berichtet Ammar Sawan der Nachrichtenagentur AP. Der syrische Flüchtling lebt mit seiner Familie unter widrigen Umständen in der jordanischen Hauptstadt Amman.

Er und viele andere der Hunderttausenden syrischen Flüchtlinge in Jordanien sind schockiert und verärgert darüber, dass sie als potenzielle Terroristen dargestellt werden, wo sie doch selbst vor Krieg und Terror geflüchtet seien. "Wir wollen nicht weg hier, um Menschen aus anderen Ländern Schaden zuzufügen", sagt die 37-jährige Majada Scheik. "Wir möchten dem amerikanischen Volk sagen, dass wir hoffen, dass Trump seine Entscheidung zurücknimmt."

AI: USA weisen Menschen aus Ländern ab, zu deren Destabilisierung sie selbst beigetragen haben

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) appellieren an die US-Regierung, "dass die USA ihre starke Führungsrolle und ihre lange Tradition beibehalten werden, die zu schützen, die vor Konflikten und Verfolgung fliehen". Dabei dürfe kein Unterschied gemacht werden bei Religion, Nationalität oder Rasse der Schutzbedürftigen. Auch die USA hätten in ihrer Geschichte von der Offenheit für Flüchtlinge profitiert, heißt es.

Nie sei die Not der Flüchtlinge und Migranten weltweit größer gewesen als heute, und das US-Flüchtlingsprogramm sei eines der international wichtigsten. Amnesty International warnte vor "katastrophalen Konsequenzen" durch Trumps abweisende Flüchtlingspolitik. Mit einem Federstrich habe Trump seine hasserfüllte, fremdenfeindliche Wahlkampfrhetorik in die Tat umgesetzt. Die Organisation kritisierte besonders, die USA wiesen Menschen aus Ländern zurück, zu deren Destabilisierung die US-Außenpolitik selbst beigetragen habe.

Österreich muss US-Visa für iranische Christen und Juden stornieren

In Trumps Dekret hatte es eigentlich geheißen, dass bei den neue Einreisebestimmungen Christen und Mitglieder anderer religiöser Minderheiten Muslimen gegenüber bevorzugt behandelt würden.

Nun musste Österreich jedoch 300 US-Visa für iranische Christen und Juden stornieren. Dies bestätigte der Sprecher des österreichischen Außenamts, Thomas Schnöll. Österreich war bisher im Auftrag der USA für Visa für diese Gruppe zuständig. Mit dem Visum reisten die Menschen zuerst nach Österreich und dann in ihre neue US-Heimat.

Die US-Behörden hätten kurz vor dem Dekret von US-Präsident Donald Trump Österreich darüber informiert, dass Visa für Iraner gestoppt würden, sagte Schnöll weiter.

Da die USA selbst keine Botschaft in Iran haben, werden die Namen derer, die Zuflucht in den USA erhalten sollen, normalerweise an Österreich übermittelt. Anschließend stellt die österreichische Botschaft in Teheran die Visa aus, die einen bis zu sechsmonatigen Aufenthalt in Österreich ermöglichen. In dieser Zeit sollen die Menschen auf ihre Weiterreise in die USA vorbereitet werden. Ein Sprecher des Innenministeriums schätzt, dass aktuell etwa 30 Betroffene in Österreich leben, die um ihre Weiterreise bangen müssen. Rechtlich sei es nicht möglich, die Iraner nun in Österreich aufzunehmen.

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