Terrorverdacht in Chemnitz:Al-Bakrs Anwalt: Suizidgefahr war offensichtlich

  • Vor seiner Selbsttötung ist Dschaber al-Bakr nach Angaben seines Anwalts in den Hungerstreik getreten.
  • Er habe zudem eine Lampe in seiner Zelle zerstört und die Steckdosen manipuliert.
  • Unklar ist, wie intensiv al-Bakr in der Haft überwacht wurde.

Von Benedikt Peters

Nach Angaben seines Anwalts war offensichtlich, dass bei Dschaber al-Bakr die Gefahr bestand, dass er sich das Leben nimmt. "Jedem war klar, dass er suizidgefährdet ist", sagte Alexander Hübner der Süddeutschen Zeitung.

Al-Bakr war am Montag in Leipzig festgenommen worden, die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass er einen Selbstmordanschlag geplant hatte. Seit seiner Festnahme befand er sich in der Leipziger Justizvollzugsanstalt. Sein Anwalt hat ihn dort nach eigenen Angaben zuletzt am Dienstagmorgen gesehen. "Wir hatten ein gutes Gespräch, aber es ging ihm nicht gut."

Al-Bakr sei in den Hungerstreik getreten. Nur mit viel Mühe habe man ihn dazu überreden können, ein halbes Glas Wasser zu trinken. Danach habe er wieder die Nahrungsaufnahme verweigert.

In seiner Zelle, so Hübner weiter, habe al-Bakr ein aggressives Verhalten gezeigt. "Mir wurde berichtet, er habe eine Lampe zerstört und die Steckdose manipuliert. Was genau er mit der Steckdose gemacht hat, kann ich nicht sagen."

"Nicht nachvollziehbar, wie so etwas passieren kann"

Angesichts des Suizids seines Mandanten zeigte sich Hübner fassungslos. "Für mich ist nicht nachvollziehbar, wie das passieren kann. Wie kann zugelassen werden, dass jemand, der so im Fokus steht, Suizid begeht?"

Die Bild-Zeitung schreibt, al-Bakr sei nicht dauerhaft überwacht worden, vielmehr habe es nur einmal pro Stunde eine Kontrolle in seiner Zelle gegeben. Hübner kann das weder bestätigen noch dementieren. "Mir ist zugesichert worden, dass er besonders überwacht wird. Mit welcher Frequenz, das kann ich nicht sagen."

Wie genau al-Bakr untergebracht war, ist ebenfalls noch unklar. Für Häftlinge, bei denen Suizidgefahr besteht, gibt es besonders gesicherte Hafträume, die eine Selbsttötung unmöglich machen sollen. Ob al-Bakr in so einem Haftraum untergebracht gewesen sei, das wisse er nicht, sagt Hübner. "Ich habe ihn nicht in seiner Zelle gesehen, sondern nur im Besuchertrakt."

An al-Bakrs Festnahme am Montag hatten drei Syrer mitgewirkt. Sie hatten den Mann überwältigt und die Polizei verständigt. Al-Bakr soll die Männer der Mitwisserschaft an einem geplanten Terrorangriff beschuldigt haben. Sein Anwalt Hübner sagt dazu: "Das kann ich weder bestätigen noch dementieren."

Anmerkung der Redaktion: Wegen der wissenschaftlich belegten Nachahmerquote nach Selbsttötungen haben wir uns entschieden, in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche zu berichten, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Diese Bedingung sehen wir im Fall des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr gegeben, denn wie und warum er zu Tode kam und welche Konsequenzen daraus abzuleiten sind, ist Gegenstand einer relevanten öffentlichen Debatte. Dennoch gestalten wir die Berichterstattung bewusst zurückhaltend und verzichten, wo es möglich ist, auf Details.

Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (http://www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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