FPÖ-Politiker Johann Gudenus:Straches Mann fürs Grobe

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FPÖ-Politiker Gudenus ist Straches "Statthalter" und "Leibfuchs".

(Foto: SZ)

Auf Ibiza trifft FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache 2017 eine vermeintliche Oligarchen-Nichte. Arrangiert wurde das über Hardliner Johann Gudenus - Straches Vertrauten mit besten Kontakten nach Russland.

Von Leila Al-Serori, Oliver Das Gupta, Peter Münch, Frederik Obermaier und Bastian Obermayer

Der Mann, der jenes Treffen eingefädelt hat, das Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache zum Verhängnis wurde, heißt Johann Gudenus. Er ist Straches politischer Ziehsohn und einer seiner engsten Vertrauten.

Gudenus ist es, der 2017 ein Treffen in Ibiza arrangiert: In einer Villa voll mit Videokameras und Aufnahmegeräten treffen er und FPÖ-Chef Strache sich mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte. Wegen eines Studienaufenthalts in Moskau spricht Gudenus fließend Russisch. Er hat offenbar nie ihren Ausweis gesehen, geschweige denn Belege, dass sie tatsächlich steinreich ist.

Und dennoch besprechen die FPÖ-Politiker, wie der SZ und dem Spiegel zugespielte Videos zeigen, erstaunlich offen mehrere Stunden lang teils offenbar gesetzeswidrige Ideen.

Auf Anfrage erklärte Gudenus, an dem Abend sei viel Alkohol gereicht worden. Nichtsdestotrotz habe er mehrmals auf "die relevanten gesetzlichen Bestimmungen und die Notwendigkeit der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung" hingewiesen.

Gudenus, der "Leibfuchs" von Strache

"Joschi", wie Gudenus von Parteifreunden genannt wird, kennt Strache schon seit Jahrzehnten. Er war 15 Jahre alt, als er durch seinen Vater, den FPÖ-Veteran und Holocaust-Leugner John Gudenus, dem sieben Jahre älteren FPÖ-Bezirkspolitiker Strache vorgestellt wurde.

Der Ältere wurde sein Mentor, wies ihn ein in seine Burschenschaft "Vandalia". Gudenus wurde Straches "Leibfuchs", sein untergebener Verbindungsbruder. Diese Hierarchie zwischen den beiden scheint bis heute zu bestehen.

Auch in Ibiza ist es Gudenus, der vorgeschickt wird, der zwischen den Gesprächspartnern übersetzen muss, der sich immer wieder das Einverständnis seines Chefs holt und seine Anerkennung sucht. "Wie wir uns das erste Mal getroffen haben und ich gemerkt hab, dass sie allgemein Interesse hat, in Österreich zu investieren, hab ich gesagt (...): Kronen-Zeitung wäre interessant", prahlt er auf dem Video gegenüber seinem politischen Ziehvater.

"Joschi" war Straches Mann fürs Grobe, sein Einheizer bei Wahlkampfveranstaltungen, der Mann, den der FPÖ-Chef vorschickt, um die richtig harten Aussagen loszulassen.

So sagte Gudenus 2013 bei einer FPÖ-Wahlkampfveranstaltung, sollte Strache Bundeskanzler werden und die Partei den Innenminister stellen, heiße es bei Bedarf "Knüppel aus dem Sack für alle Asylbetrüger, Verbrecher, illegalen Ausländer, kriminellen Islamisten und linken Schreier".

Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen soll Medienberichten zufolge wegen dieser Aussage Gudenus als Innenminister abgelehnt haben.

Gudenus studierte Jura und absolvierte die renommierte Diplomatische Akademie in Wien, bevor er in Straches Windschatten aufstieg: erst zum Chef der Parteijugend, dann zum Vize-Bürgermeister in der Hauptstadt. Nach der Wahl 2017 wurde er statt Strache, der in die Regierung als Vizekanzler und Sportminister wechselte, Chef der FPÖ-Fraktion im Parlament. Dazu wurde Gudenus geschäftsführender FPÖ-Chef in Wien. Von beiden Ämtern trat er heute zurück.

Straches "Statthalter", wie die österreichische Presse schrieb, wurde außerdem für die kommenden Wien-Wahlen, die für 2020 angesetzt sind, als Spitzenkandidat gehandelt.

Als Strache eine Falle wittert, beruhigt ihn Gudenus

Außenpolitisch ist Gudenus als Freund Russlands bekannt. Er war dort schon als Wahlbeobachter unterwegs, wo ihm die Wahlen laut eigener Aussage besser gefallen hätten als jene zum Europaparlament.

Beim Krim-Referendum war er ebenfalls als Beobachter - auch hier habe er keine Unregelmäßigkeiten feststellen können, erklärte er anschließend. Ebenfalls mehr als umstritten war sein Besuch 2012 beim tschetschenischen Diktator Ramsan Kadyrow.

Am Ende der mehrstündigen Unterhaltung auf Ibiza, es ist etwa drei Uhr morgens und Strache will schon längst weiterziehen in Richtung Großraumdisco Hï Ibiza, wird Gudenus von Strache nochmal zurück in die Villa geschickt. "Mach das ihr jetzt klar, Joschi. Mach das klar!" Dieser beschwört daraufhin die vermeintliche Oligarchen-Nichte: "Wir sind zu hundert Prozent bereit zu helfen, egal, was kommt."

Kurz zuvor ist Strache kurz nervös geworden, er hat plötzlich die Befürchtung, einer Falle aufzusitzen. Gudenus nicht. "Das ist kein Fake", beschwört er seinen Chef. Er hatte offenbar Unrecht.

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