Staatsbesuch in Athen:Steinmeier: Europa schuldet den Griechen "Unterstützung und Solidarität"

Bundespräsident Steinmeier in Athen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (rechts im Bild) wird vom griechischen Präsidenten Prokopis Pavlopoulos am 07.04.2017 mit militärischen Ehren in Athen begrüßt.

(Foto: dpa)
  • Sein dritter Staatsbesuch führt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Griechenland.
  • In Athen sprach er mit dem griechischen Präsidenten Pavlopoulos über die Zukunft der EU und Griechenlands Bedeutung in der Flüchtlingskrise.
  • Anders als sein Amtsvorgänger Joachim Gauck stellt Steinmeier klar: Die Frage nach Weltkriegs-Reparationen ist für Deutschland erledigt.

Von Constanze von Bullion, Athen

Europa zum Zusammenhalt ermutigen und Antworten auf die Nöte der Bürger finden - mit dieser Botschaft ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seine Amtszeit aufgebrochen. Nach Paris und Straßburg besuchte der Bundespräsident am Freitag mit seiner Ehefrau Elke Büdenbender Griechenland - als drittes Land, noch vor Israel oder Polen.

In Griechenland, das mit den Sparauflagen der Europäischen Union und hohen Flüchtlingszahlen kämpft, wollten die deutschen Gäste Signale der Wertschätzung senden und Kunst zur Brücke über politische und wirtschaftliche Verwerfungen machen. Am Samstag will Steinmeier die Documenta 14 eröffnen, die erstmals in Athen beginnt.

Pavlopoulos nennt Lösung der Flüchtlingsfrage "existenzielle Aufgabe"

Griechenland, einst Wiege der Demokratie und heute im Klammergriff von Schulden und Sparprogrammen, bleibe ein wichtiger Partner "in einer veritablen Krise" der Europäischen Union, sagte Steinmeier nach einem ersten Gespräch mit dem griechischen Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulos. Europa sei "im Grundsätzlichen angekommen", gerade in Griechenland wüssten die Menschen, dass die EU "keine Selbstverständlichkeit" sei und "auch nicht mit einer Ewigkeitsgarantie ausgestattet".

In Fragen der Sicherheit rückten die EU-Mitgliedstaaten angesichts der aktuellen Herausforderungen inzwischen näher zusammen. Auch bei den Verhandlungen um ein Sparpaket für Griechenland zeichne sich eine Verständigung ab. Europa aber müsse seine "Glaubwürdigkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern zurückgewinnen" und ihre Fragen nach Wachstum und Arbeit beantworten. Ungelöst sei auch noch die Frage der Verteilung von Flüchtlingen. Deutschland stehe hier "auch weiter solidarisch an der Seite Griechenlands".

Griechenlands Präsident Prokopis Pavlopoulos nannte die Lösung der Flüchtlingsfrage eine "existenzielle Aufgabe" der Europäischen Union. "Es ist inakzeptabel, dass Mitglieder der EU durch Fremdenfeindlichkeit gekennzeichnet sind", sagte er. Am frühen Abend wollte Steinmeier Ministerpräsident Alexis Tsipras treffen. Man kennt sich, Steinmeier war als Außenminister schon dreimal in Griechenland.

Steinmeiers Botschaft: Eine EU ohne Griechenland ist unvorstellbar

Ins politische Tagesgeschäft soll der Bundespräsident sich jetzt nicht mehr einmischen. Doch neben Gesten der Wertschätzung und Anerkennung kam in Athen durchaus auch Politisches zur Sprache: die schwierige Nachbarschaft Griechenlands mit der Türkei, die Zypernfrage, die Lage der Flüchtlinge auf den Inseln der Ägäis, die Konsequenzen der Wirtschaftsreformen für die Griechen. "Die Folgen der Eurokrise lasten auf den Leben vieler Menschen in Griechenland. Und als ob das nicht reichen würde, stemmt Ihr Land auch in der Flüchtlingskrise enorme Lasten", sagte Steinmeier am Freitagabend bei einem Essen mit dem griechischen Präsidentenpaar. "Dafür sind wir, die übrigen Europäer, nicht nur dankbar - dafür schulden wir Ihnen Unterstützung und Solidarität."

Der Bundepräsident erinnerte beim abendlichen Diner auch daran, dass der griechische Außenminister Nikos Kotzias nach dem Militärputsch in seiner Heimat vor genau 50 Jahren nach Deutschland gekommen war und in Gießen studierte, genau wie Steinmeier selbst. Vielleicht, sagt der Bundespräsident, seien der junge Griechen und der junge Deutsche "in den Gassen der Altstadt Gießens damals schon einmal aneinander vorbeigelaufen". Der Kontinent, das sind wir, so konnte man das verstehen. Griechenland gehöre "zum gemeinsamen europäischen Haus", betonte Steinmeier später noch. Und dass er sich "eine Europäische Union ohne Griechenland nicht vorstellen" könne und wolle.

Die Debatte um griechische Reparationsforderungen: Für Steinmeier erledigt

Es wurden aber nicht nur Freundlichkeiten ausgetauscht bei diesem Besuch. Dass die Documenta 14 in Griechenland beginnt in diesem Jahr, bevor sie an ihrem Stammplatz Kassel fortgesetzt wird, das sei "ein guter Anlass, den Perspektivwechsel zu wagen", sagte der Bundespräsident der griechischen Tageszeitung Kathimerini. Europa aus Athen zu betrachten, könne die Beziehungen verbessern, die "allzu oft als asymmetrisch wahrgenommen" würden. Im gleichen Atemzug aber betonte Steinmeier - anders als kürzlich Außenminister Sigmar Gabriel - Griechenland sei "noch nicht am Ende des Weges" angekommen: "Weitere Reformen werden erforderlich sein, selbst wenn die wirtschaftlichen Indikatoren sich verbessern."

Und noch ein weiteres, schwieriges Thema streifte diese Visite: Reparationen für deutsche Verbrechen an den Griechen im Zweiten Weltkrieg. Beim Besuch von Steinmeiers Vorgänger Joachim Gauck in Athen trug der damalige Staatspräsident mehrfach Reparationsforderungen vor. Anders als Gauck aber ließ Steinmeier keine Zweifel daran, dass er die Sache für erledigt hält. "In der Frage der Reparationen vertreten unsere Länder unterschiedliche Auffassungen. Für Deutschland ist das Thema - völkerrechtlich - abgeschlossen", sagte er Kathimerini.

Zum ersten Mal dabei bei einem Auslandsbesuch von Bundespräsident Steinmeier war seine Ehefrau Elke Büdenbender. Die Verwaltungsrichterin, die ihre Berufstätigkeit aus Rücksicht auf das Amt ihres Mannes derzeit ruhen lässt, brach am Freitag statt zum üblichen Damenprogramm in Athen zum Streifzug durch die griechische Rechtsgeschichte auf, zusammen mit Vlassia Pavlopoulou-Peltsemi. Die Ehefrau des griechischen Präsidenten ist Juristin wie Büdenbender. An Gesprächsstoff dürfte es den beiden nicht gefehlt haben.

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