SPD im Bundestag:Prominente Unterstützung für Mützenich

Rolf Mützenich

Mützenich sei offen für etwaige rot-rot-grüne Optionen, sagt der frühere Fraktionsvize Axel Schäfer.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • Mützenich will sich um die dauerhafte SPD-Fraktionsführung bewerben.
  • Nach SZ-Informationen bekommt er Unterstützung von einflussreichen Parteimitgliedern.
  • Eine Doppelspitze soll es offenbar nicht geben.

Von Nico Fried, Berlin

Es ist eine ebenso überraschende wie steile Karriere: Der Bundestagsabgeordnete Rolf Mützenich, der nach dem Rücktritt von Andrea Nahles zunächst aufgrund des Senioritätsprinzips kommissarisch an die Spitze der Fraktion rückte, hat angekündigt, sich im Herbst auch um den regulären Vorsitz zu bewerben. Das Echo darauf ist unter den Abgeordneten so positiv, dass kein Zweifel an seiner Wahl besteht. Damit rückt der 60-jährige Kölner voraussichtlich am 24. September auf einen der einflussreichsten Posten in der SPD. Anders als in der Partei zeichnet sich zudem ab, dass es in der Fraktion keine Doppelspitze geben wird.

Mützenich schrieb am Freitag einen Brief an alle SPD-Abgeordneten, in dem er seine Kandidatur ankündigte. Ursprünglich habe er damit bis zur Fraktionsklausur Anfang September warten wollen, so Mützenich. Nun aber habe er sich entschieden, die Mitteilung vorzuziehen. "Klarheit und das Bekenntnis zur Verantwortung scheinen mir in diesen Tagen von besonderer Bedeutung", schreibt Mützenich, was unschwer auch als Spitze gegen jene SPD-Führungsleute zu verstehen ist, die Kandidaturen für den Parteivorsitz bereits abgelehnt haben oder ihre Entscheidung noch hinauszögern.

Mützenich war bislang einer von sieben stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Er zog 2002 erstmals in den Bundestag ein und profilierte sich in der Außen- und Sicherheitspolitik. 2013 wurde er Fraktionsvize. Er gilt als ruhiger, aber beharrlicher Verhandler und gehört der Parlamentarischen Linken an, ist aber auch bei Vertretern anderer Strömungen geschätzt. In der Sondersitzung des Bundestages zur Vereidigung der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sorgte Mützenich mit einer im Ton höflichen, aber in der Sache konfrontativen Rede für Begeisterung in den eigenen Reihen. Gleichwohl gilt er einstweilen noch als Befürworter der großen Koalition. Erst vor wenigen Tagen sagte er der Rheinischen Post, Union und SPD hätten noch genügend Punkte im Koalitionsvertrag, die bearbeitet werden müssten. Als Beispiele nannte er den Klimaschutzplan, die Grundrente und die Digitalisierung der Arbeitswelt. "Die Rolle eines Oppositionellen ist überhaupt nicht meine", so Mützenich.

Mützenichs Ankündigung fand breite Zustimmung. Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann, selbst knapp vier Jahre lang SPD-Fraktionschef während der vorherigen großen Koalition, sagte der Süddeutschen Zeitung, er traue Mützenich zu, "die SPD-Fraktion in dieser schwierigen Situation zusammenzuhalten". Dass Mützenich auch politische Impulse setzen könne, habe er zuletzt in seiner Rede zur Regierungserklärung von Kramp-Karrenbauer gezeigt. Fraktionsvize Karl Lauterbach, derzeit auch Bewerber um den Parteivorsitz und ebenfalls Kölner, sagte, Mützenich, den er seit vielen Jahren kenne, verfüge über "hohe inhaltliche Kompetenz", sei aber auch jemand, "der die Leute überzeugen könne". Mützenich, der sich selbst das Ziel gesetzt hatte, den Zusammenhalt unter den Abgeordneten wieder zu stärken, stehe für einen "Kulturwandel in der Fraktion", so Lauterbach.

Mützenich stehe für einen moderat linken Kurs

Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, sieht in Mützenich einen erfahrenen und kompetenten Politiker, "der sich mit Leidenschaft und Klarheit in der Sache engagiert". Die Fraktion "sollte sich jetzt hinter ihm versammeln", so Müntefering zur SZ, "das wäre gut für die SPD und für das Regieren". Für den früheren Fraktionsvize Axel Schäfer verkörpert Mützenich "Beständigkeit im Wandel". Er sei ein "absolut integrer Politiker", mit dem er nur gute Erfahrungen gemacht habe. Mützenich stehe zudem für einen moderat linken Kurs und sei auch offen für etwaige rot-rot-grüne Optionen, so Schäfer, der mit Abgeordneten aus SPD, Grünen und Linken vor einiger Zeit einen Gesprächskreis über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit initiiert hat.

Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen Landesgruppe, Achim Post, der selbst einige Zeit als Kandidat für den Vorsitz gehandelt wurde, sagte Mützenich in einer Presseerklärung seine "volle Unterstützung" zu. Andere Abgeordnete äußerten ihre Zustimmung über den Kurznachrichtendienst Twitter.

Nach Nahles' Rücktritt war auch über eine Doppelspitze für die Fraktion spekuliert worden. Solche Überlegungen seien mittlerweile wieder abgeflaut, hieß es von Vertretern der Fraktionsführung.

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