SPD-Debakel in Hessen:Im Namen des Vaters

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Rot-Rot will Dagmar Metzger nicht mitmachen - und verwehrt Andrea Ypsilanti die entscheidende Stimme. Die Haltung der SPD-Abgeordneten hat nicht zuletzt private Gründe.

Ralf Husemann

Am meisten verabscheut Dagmar Metzger "Lügen und Zyniker". So war es zumindest bis Freitagvormittag auf der Homepage der hessischen SPD-Landtagsabgeordneten zu lesen, die jetzt ein wenig Parteigeschichte gemacht hat. Merkwürdigerweise wurde dann die Internetseite www.dagmar-metzger.de gesperrt, wo doch diese klare Aussage ihre Weigerung so schön untermauert hätte, einer von der Linken unterstützten Andrea Ypsilanti ihre Stimme zu geben.

Dagmar Metzger am 7. März auf dem Weg zum Treffen mit Andrea Ypsilanti. (Foto: Foto: AP)

Aber vielleicht soll die Biographie jetzt mit einem Zusatz aktualisiert werden. Dort könnte dann stehen: "Ich verhinderte am 7. März 2008, dass unsere hessische Parteivorsitzende ihr Wahlversprechen bricht und sich mit Hilfe der SED-Nachfolgepartei zur Ministerpräsidentin wählen lässt."

Wer ist diese Dagmar Metzger, die bislang außerhalb von Hessen wohl selbst in der SPD nur wenige kannten? Bei der Landtagswahl am 27. Januar gelang es ihr immerhin, der CDU den Wahlkreis 50 ("Darmstadt-Stadt II") abzujagen und erstmals in den Landtag von Wiesbaden einzuziehen.

Dabei war die bisherige Wahlkreisabgeordnete keine Unbekannte, sondern Karin Wolff, die amtierende Kultusministerin und offiziell sogar die Stellvertreterin von Ministerpräsident Roland Koch. Die kündigte dann prompt Mitte Februar ihren Rückzug an - gewiss nicht nur wegen dieser Niederlage. Denn die hessische Schulpolitik war massiv in die Kritik geraten und hatte nach den Umfragen ihren gehörigen Anteil am schlechten Ergebnis der CDU.

Die 49-jährige Wirtschaftsjuristin Dagmar Metzger war übrigens vor der Wahl davon überzeugt, dass die Linke nicht den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen würde - was, wenn sie recht bekommen hätte, freilich Metzgers Bekanntheitsgrad verhindert hätte.

In Berlin geboren, hatte Dagmar Metzger nach einer Bankausbildung an der FU Jura studiert - und dabei auch ihren Ehemann kennengelernt. Mit ihm, einem gebürtigen Darmstädter, zog sie 1991 nach Hessen. Sie leitete zuletzt die Rechtsstelle der Stadt- und Kreissparkasse und war seit 1997 auch Stadtverordnete in Darmstadt mit Schwerpunkt Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Man tritt der Landtagsabgeordneten gewiss nicht zu nahe, wenn man feststellt, dass das Interessanteste an ihr, bevor sie die Ministerpräsidentin Ypsilanti verhinderte, ihr familiäres Umfeld war. So spielte bei ihrer Ablehnung der Linkspartei wohl die Geschichte ihres Vaters eine große Rolle, der sich als Sozialdemokrat im Osten strikt dem Zwangszusammenschluss von KPD und SPD zur SED widersetzt hatte.

Dies hat ein anderes wichtiges Familienmitglied diese Woche in einem Interview erzählt. Es ist der Schwiegervater der Abgeordneten, der frühere Darmstädter Oberbürgermeister und Bundestagsabgeordnete Günther Metzger. Der heute 75-Jährige war in den 70er Jahren drei Jahre lang stellvertretender SPD-Fraktionschef im Bundestag, und ihm wurden sogar gute Chancen eingeräumt, den damaligen Fraktionschef Herbert Wehner zu beerben. Wegen einer schweren Erkrankung seiner Frau verließ er jedoch das Parlament. Er hatte den nach ihm benannten "Metzger-Kreis" in der SPD gegründet, der als Vorläufer des konservativen Seeheimer Kreises gilt.

© SZ vom 8.3.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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