Gesundheitspolitik:Wie Spahn die Notfallversorgung reformieren will

Reform der Notfallversorgung

Kern der Reform ist es, Patienten effizienter als bisher dorthin zu schicken, wo ihnen am besten geholfen werden kann.

(Foto: dpa)
  • Gesundheitsminister Spahn will die Notfallversorgung reformieren. Patienten sollen effizienter dorthin geschickt werden, wo sie am besten Hilfe bekommen.
  • Anrufer der Notfallnummer 112 und der Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117, sollen künftig bei einer der "Gemeinsamen Notfallleitstellen" landen.
  • Im Gesetzentwurf ist sogar eine Änderung des Grundgesetzes vorgesehen.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die oft überlaufenen Notaufnahmen der Krankenhäuser entlasten und dafür die bisherige Notfallversorgung neu organisieren. Schon Ende vergangenen Jahres hatte er Eckpunkte für eine entsprechende Reform vorgestellt. Nun liegt ein erster Gesetzentwurf vor, der vergangene Woche als Diskussionsgrundlage an die Länder verschickt wurde. Für Mitte August hat das Gesundheitsministerium die Vertreter der Länder nach Berlin eingeladen, um das Vorhaben zu besprechen.

Kern der Reform ist es, Patienten effizienter als bisher dorthin zu schicken, wo ihnen am besten geholfen werden kann: Notfälle in die Notaufnahme, alle anderen zu niedergelassenen Ärzten. Um das zu erreichen, will Spahn faktisch die Notfallnummer 112 mit der dann gemeinsamen Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes und der Terminservicestellen, der 116117, zusammenlegen. Beide Nummern blieben zwar erhalten, die Anrufer sollen aber künftig bei einer der "Gemeinsamen Notfallleitstellen" landen. Diese Stellen sollen durch die Länder unter Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen geschaffen werden und eine "zentrale Lotsenfunktion" erfüllen: den Versorgungsbedarf des jeweiligen Patienten einzuschätzen und ihn dann "in die richtige Versorgungsstruktur" zu vermitteln - also in die Notaufnahme oder in eine Praxis.

Derzeit seien die Notaufnahmen zu häufig überlaufen, weil unter den Patienten auch solche seien, denen andernorts besser geholfen werden könnte, sagte Spahn. Dadurch seien die Wartezeiten für Patienten, die dringend auf die Hilfe in der Notfallambulanz angewiesen seien, oft zu lang. In dem Gesetzentwurf heißt es, zahlreiche Krankenhäuser beklagten "eine wachsende Inanspruchnahme von Notfallambulanzen auch bei leichteren Erkrankungen und Verletzungen". Das nächstgelegene Krankenhaus werde als "einfachste und schnellste Option" in Anspruch genommen, weil offenbar eine große Unsicherheit bestehe, wohin man sich im Notfall wenden könne und sollte.

Neben den Notrufnummern sollen auch die Notaufnahmen selbst anders aufgestellt werden. Spahn will in den Krankenhäusern "Integrierte Notfallzentren" einrichten, betrieben von der jeweiligen Klinik und Kassenärztlichen Vereinigung. Die Notfallzentren sollen rund um die Uhr eine Ersteinschätzung und Erstversorgung ermöglichen und auch räumlich als erste Anlaufstelle erkennbar sein. Effizienter als bisher sollen zudem die Rettungsfahrten in das je nach Notfall passende Krankenhaus organisiert werden. Dem Entwurf nach sollen dafür die Daten, die zur Weiterbehandlung notwendig sind, frühzeitig übermittelt werden; das Ziel ist eine "bundesweite Echtzeitübertragung" der Versorgungskapazitäten aller Akteure.

Die bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung ist schon länger ein gesundheitspolitisches Thema. Auch Spahns Reform dürfte kompliziert werden, schon allein, weil sie Landesrecht betrifft und das Rettungswesen vor Ort "sehr heterogen ausgestaltet" ist, wie es in dem Entwurf heißt. Zudem soll der Rettungsdienst der Länder ein eigenständiger Leistungsbereich in der gesetzlichen Krankenversicherung werden. Das aber berührt die bisherige Aufteilung der Finanzierungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Im Gesetzentwurf ist sogar eine Änderung des Grundgesetzes vorgesehen.

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