Snowden-Enthüllungen:Brasilien und Mexiko verärgert über Ausspähung durch USA

Die eigenen Staatschefs im Visier der US-Spione: Die Enthüllungen über das Aushorchen von Dilma Rousseff und Enrique Peña Nieto durch die NSA sorgt in Brasilien und Mexiko für heftige Verstimmungen. Dabei hatte Obama die Beziehungen zur größten Wirtschaftsmacht Lateinamerikas gerade wieder angewärmt.

Dafür, dass das Verhältnis zwischen Brasilien und den USA als durchaus kompliziert gilt, konnten die beiden Staaten zuletzt über viele erfreuliche Dinge sprechen: Erleichterungen bei Visa-Vergabe und Handel gehören ja stets zu den Signalen, dass zwei Länder eine engere Verbindung eingehen.

Damit könnte es nun vorerst vorbei sein: Enthüllungen aus dem Material des NSA-Whistleblowers Edward Snowden belasten die politische Annäherungskurs der beiden größten Wirtschaftsmächte des Kontinents.

Die USA, so berichtete es am Sonntag der brasilianische Fernsehsender Globo TV unter Berufung auf den Guardian-Journalisten Glenn Greenwald, soll E-Mails und Telefonate von Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff abgefangen haben. Auch der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto wurde offenbar belauscht - offenbar bereits zu Zeiten, als er noch Kandidat war.

Beide Länder sind empört. Mexikos Außenminister schickte eine Protestnote nach Washington und bestellte den US-Botschafter ein. Offenbar hatte die USA Wissen darüber, welche Kabinettsmitglieder Peña Nieto auswählen würde - fast sechs Monate vor der offiziellen Verkündung. Die beiden Nachbarländer pflegen enge wirtschaftliche und polizeiliche Verbindungen.

Über Details zur Spionage gegen Rousseff ist nichts bekannt, die Reaktionen sind dennoch heftig. Bereits vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass die USA auch Brasilien ins Visier ihrer digitalen Überwachung nehmen. Die dpa fasst die Reaktion aus Brasilien zusammen:

Brasiliens Außenminister Luiz Figueiredo bezeichnete die mutmaßliche Ausspähung als "eine inakzeptable und nicht hinnehmbare Hoheitsverletzung". Er habe US-Botschafter Thomas Shannon aufgefordert, innerhalb von einer Woche eine schriftliche Erklärung zu den Beschuldigungen abzugeben. "Praktiken dieser Art sind unvereinbar mit dem notwendigen Vertrauen für eine strategische Allianz beider Länder", sagte Figueiredo.

Bereits in dieser Woche will das brasilianische Parlament eine Untersuchung einleiten. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat, Ricardo Ferraco, bezeichnete das Verhalten als inakzeptabel, im Land herrsche absolut kein Klima des Terrorismus. Amerika argumentiert stets, die NSA-Überwachung für den Anti-Terror-Kampf einzusetzen.

Nun könnte Rousseff innenpolitisch unter Druck geraten, ihre USA-Reise im Oktober abzusagen. Dort wollte Obama sie mit einem Staatsbankett ehren - in der Regel ein Zeichen für hohe Wertschätzung und enge Beziehungen.

Kritiker wie der Foreign-Policy-Herausgeber David Rothkopf bezeichnen Südamerika ohnehin als blinden Fleck in der amerikanischen Außenpolitik. Rothkopf beklagte erst jüngst den fehlenden Respekt Washingtons vor den Ländern der Region. Eine Einschätzung, welche die aktuellen Verstimmungen nur zu bestätigen scheinen.

The most effective and enduring policy initiatives are ones the United States takes with its partners -- based not just on its needs and agenda but on listening to theirs and finding common ground. In other words, the best policy initiatives are based on the kind of genuine mutual respect that has been lacking from the U.S.-Latin America agenda for years -- well, forever.

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