Slowakei:Rechte im Parlament

Nach seinem Anti-Ausländer-Wahlkampf muss der bisherige Regierungschef, der Sozialdemokrat Robert Fico, eine schwierige Mehrparteien-Koaltion schmieden - er hat die extremen Nationalisten ungewollt gestärkt.

Nach der Parlamentswahl in der Slowakei zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Robert Fico wurden zwar wieder stärkste Kraft. Ficos Partei Smer-SD büßte aber die absolute Mehrheit ein und kann nicht mehr allein regieren. Zudem zogen erstmals Rechtsextremisten ins Parlament in Bratislava ein: Auf den Sozialdemokraten Fico, der im Wahlkampf auf einen Abschottungskurs in der Flüchtlingskrise gesetzt hatte, kommen schwierige Koalitionsgespräche zu.

Ficos Partei Smer-SD stellt nach Auszählung fast aller Stimmen nur noch 49 der 150 Abgeordneten im slowakischen Parlament. Bislang hatte sie eine komfortable Mehrheit von 83 Mandaten: Um eine dritte Amtszeit zu regieren, muss Fico nun gleich mehrere Parteien als Bündnispartner gewinnen. Zweitstärkste Kraft wurde die liberale Partei Freiheit und Solidarität (SaS) mit 21 Sitzen, gefolgt von der konservativen Olano-Nova mit 19 Sitzen. Die nationalistische SNS, mit der Ficos Smer-SD von 2006 bis 2010 koaliert hatte, kam auf 15 Sitze. Insgesamt überwanden acht Parteien die Fünfprozenthürde. Zum ersten Mal zog die rechtsextreme LS-Nase Slovensko (Unsere Slowakei) ins Parlament ein. Sie gewann 14 Sitze.

Fico wollte sofort Sondierungsgespräche führen, um eine "sinnvolle und stabile Regierung" zu bilden. "Es wird nicht leicht", räumte der 51-Jährige mit Blick auf den "großen Mischmasch" im Parlament ein, der durch die vielen Parteien entstehe. Er werde alles tun, um Neuwahlen zu verhindern. "Das ist ein großes Erdbeben", kommentierte der Parteichef der konservativen Olano-Nova, Igor Matovic, die Wahl.

Sozialdemokrat Robert Fico muss nun drei oder vier Parteien in einer Koalition versammeln

Vor allem der Erfolg der Rechten sorgte für Aufsehen. Es sei eine "große Katastrophe", während der im Juli beginnenden slowakischen EU-Ratspräsidentschaft "Faschisten" im Parlament zu haben, sagte die Smer-SD-Europaabgeordnete Monika Flasikova Benova.

Der Politikexperte Samuel Abraham sagte, Koalitionsverhandlungen könnten Wochen oder Monate dauern. Um eine Regierung zu bilden, müsse Fico drei oder vier Parteien aus der Mitte des politischen Spektrums als Partner gewinnen - und sich zugleich von den Rechtsextremen distanzieren. Mit seiner rigiden Haltung in der Flüchtlingskrise habe er die politische Rechte selbst erst stark gemacht. Der Wahlkampf hatte im Zeichen der Flüchtlingskrise gestanden: Fico hatte sich gegen die Aufnahme von Migranten ausgesprochen und Muslime als Gefahr bezeichnet.

Auch ein anderer Experte, Abel Ravasz, sagte, Fico habe zu stark auf die Flüchtlingskrise als Wahlthema gesetzt. In den vergangenen Wochen hätten die Proteste im Schul- und Gesundheitswesen an Bedeutung gewonnen. Ravasz schloss einen Regierungswechsel nicht aus. Von der Opposition müssten sich allerdings mindestens sechs Parteien zusammenschließen, um Fico abzulösen.

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