Innenminister Seehofer:Ausgesprochen zufrieden mit sich selbst

Sitzung des Bundestag-Innenausschusses

Innenminister Horst Seehofer (CSU), spricht zu Beginn der Sitzung des Innenausschusses zu den Medienvertretern.

(Foto: dpa)
  • Horst Seehofer lobt sich und seine Arbeit im ersten Jahr der großen Koalition ausgiebig.
  • Die Opposition hingegen stellt dem Bundesinnenminister ein miserables Zeugnis aus.
  • Kritik kommt aber auch aus den eigenen Reihen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Wenn es stimmt, was der Minister sagt, dann gab es nie einen fleißigeren Horst Seehofer und nie einen zufriedeneren. "Die Bilanz ist sehr, sehr gut", sagte der Bundesinnenminister, als er am Montag sichtlich aufgeräumt vor dem Innenausschuss des Bundestags erschien. "Ich bin in einer ausgesprochenen Wohlfühlphase." Seehofer wollte bei den Innenpolitikern Bilanz ziehen über sein erstes Jahr in der großen Koalition. Ein verkrachtes, innenpolitisch weitgehend verschenktes Jahr sei da verstrichen, finden Seehofers Kritiker, auch in der Union. Die Selbsteinschätzung des CSU-Politikers fiel anders aus.

"Ein so arbeitsreiches Jahr, wie seit dem März letzten Jahres, habe ich noch nie absolviert", sagte Seehofer vor der Sitzung. In Deutschland sei die Kriminalität "anhaltend rückläufig". Die Regierung habe die Migration "in den Griff" bekommen, bei der Cybersicherheit "eine Menge geleistet" und das größte Wohnungsbauprojekt seit Jahrzehnten aufgelegt. Und der Streit und die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört? Der Riesenkrach mit der Kanzlerin um die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze? Die rechtswidrige Abschiebung des Tunesiers Sami A.? Der Skandal um Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen? I wo, gibt Seehofer zu verstehen. "Mich hat das jetzt nicht belastet." Sein Haus habe "in Ruhe" gearbeitet.

"Den Bereich Bauen hat er komplett liegen lassen", heißt es bei den Grünen

Die Opposition stellte dem Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat ein miserables Zeugnis aus. "Den Bereich Bauen hat er komplett liegen lassen", sagte der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. "Abschiebungen gibt es entgegen seinen Versprechungen weniger." Bei der IT-Sicherheit brenne "die Hütte lichterloh", das zeige der massive Datendiebstahl bei Politikern. Seehofer sei nur ein "Debattenminister", so der innenpolitische Sprecher der FDP, Konstantin Kuhle. Dass nun auch noch das dringend nötige Fachkräfteeinwanderungsgesetz ausgebremst werde, sei ein "perfider Schachzug der Union". Gemeint war das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Migranten auf den deutschen Arbeitsmarkt holen soll. In der Union sind viele skeptisch, sie wollen das Gesetz nur mittragen, wenn die SPD beim Geordnete-Rückkehr-Gesetz Zugeständnisse macht, also bei der Verschärfung der Abschiebepraxis. Er habe "durchaus Verständnis" für den Wunsch, die Vorhaben zu verknüpfen, sagte Seehofer. Aber auch aus der Union musste Seehofer sich kritische Töne anhören. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte ihn auf, auch EU-Bürgern und Flüchtlingen ohne Schutzstatus Sprachkurse anzubieten. Die CDU-Justizminister stellten sich gegen Seehofers Plan, Abschiebehäftlinge vorübergehend in Strafanstalten unterzubringen. Auch der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Mathias Middelberg (CDU), geriet über die Bilanz des Ministers nicht ins Schwärmen. Die Regierungsarbeit hänge Monate hinterher "durch diese tatsächlich nicht sehr fruchtbaren Diskussionen" vor der Sommerpause, sagte Middelberg. Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka beschrieb Seehofer als "Enfant terrible der Bundesregierung" - zu Beginn der Legislatur. Inzwischen aber habe der Minister erkannt, "dass man sich intern auch für Sachlösungen einsetzen muss".

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