Röslers Investitionsgipfel:Mit einem Gipfel aus dem Tal

Wirtschaftsminister Rösler sucht als Ausweg aus der Griechenland-Krise auch das Gespräch mit deutschen Unternehmern. Dass dazu aber gleich ein mit viel Tamtam inszenierter "Investitionsgipfel" hermuss, nährt den Verdacht, dass es Rösler weniger um den Erhalt Griechenlands als um den seiner Partei geht. Sollte dem Liberalen-Chef nicht mehr einfallen, wird am Ende Griechenland noch vor der FDP wieder auf die Beine kommen.

Claus Hulverscheidt

Keine Frage, Philipp Rösler hat recht: Wenn die malade griechische Republik nach Jahren des wirtschaftlichen und politischen Niedergangs je wieder auf die Beine kommen soll, dann bedarf es mehr als immer neuer Hilfspakete der Euro-Partner und minimaler Zugeständnisse der Geld gebenden Banken. Nötig ist vielmehr eine 180-Grad-Wende - weg von Korruption, Bürokratie und nicht konkurrenzfähigen Produkten, hinein in Zukunftsbranchen wie die Ökostromerzeugung, die Abfallwirtschaft oder den nachhaltigen Tourismus. Um diese Wende zu schaffen, bedarf es massiver privater Investitionen, und ein Teil dieser Investitionen, das hat der Bundeswirtschaftsminister spät, aber zutreffend, erkannt, könnte auch aus Deutschland kommen. Deshalb ist es richtig, dass er das Gespräch mit den Unternehmensverbänden sucht.

ARD-Sommerinterview mit Philipp Rösler

Außer sympathisch daherzukommen, hat Philipp Rösler in seinen ersten 75 Amtstagen als Bundeswirtschaftsminister wenig zustande gebracht.

(Foto: dpa)

Dass dazu aber gleich wieder ein mit viel Tamtam inszenierter "Investitionsgipfel" stattfinden muss, nährt den Verdacht, dass hier eher der FDP-Vorsitzende Rösler am Werk ist, dem es weniger um den Erhalt Griechenlands als um den seiner bemitleidenswerten Partei geht. Der Widerstand in der FDP gegen den Kurs der Bundesregierung in der Euro-Krise ist immens, die Zustimmung der Bundestagsfraktion zu den jüngsten Beschlüssen der EU-Regierungschefs fraglich.

Bislang konnte Rösler den wachsenden Verdruss in den eigenen Reihen seinem ungeliebten Vorgänger Guido Westerwelle anlasten. So langsam aber richten sich die Blicke auf den Neuen. Das gilt umso mehr, als die FDP ausweislich einer neuen Meinungsumfrage mit drei Prozent Zustimmung wieder die Westerwelle'sche Tiefebene erreicht hat.

Es wäre Unsinn, das allein Rösler anzulasten - aber außer sympathisch daherzukommen, hat er in seinen ersten 75 Amtstagen wenig zustande gebracht. Natürlich kann man der Meinung sein, dass ein sympathischer FDP-Chef nach zehn Jahre Westerwelle ein Wert an sich ist. Um die Partei aber wieder deutlich oberhalb der Fünf-Prozent-Hürde zu etablieren, wird es erheblich mehr brauchen.

Im Grunde genommen steht die Griechenland-Krise fast sinnbildlich für die gleichzeitige Misere der Liberalen: Ähnlich wie beim Thema Steuersenkungen tut die FDP-Führung seit ihrem Eintritt in die Bundesregierung auch in Sachen Euro das Gegenteil dessen, was sie in Parteiprogrammen, Wahlkämpfen und Koalitionsverhandlungen versprochen hat - ohne diesen Schwenk zu erklären.

Westerwelle hat es einst mit der Methode versucht, sich zunächst ein wenig von Beschlüssen der EU-Regierungschefs abzusetzen, um ihnen schließlich doch zuzustimmen. Rösler probiert es nun mit einer neuen Strategie, indem er die ebenso falsche wie freche Behauptung aufstellt, seine Partei habe beim jüngsten Euro-Gipfel ihre Positionen durchgesetzt. Das ist mindestens so durchsichtig wie die Ausrichtung überflüssiger Investitionsgipfel. Sollte ihm nicht mehr einfallen, wird am Ende Griechenland noch vor der FDP wieder auf die Beine kommen.

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