Rüstungsdeal mit Russland:Rheinmetall bestreitet Exportstopp

Rheinmetall meistert die Automobilkrise und steigert Ergebnis bei

Gefragte Produkte - auch im Ausland. Das Transportpanzer Fuchs von Rheinmetall bietet Schutz vor Minen.

(Foto: obs/Rheinmetall)

Hat die Bundesregierung einen Rüstungsdeal von Rheinmetall mit Moskau gestoppt? Das Wirtschaftsministerium sagt: Ja. Doch der Rüstungskonzern weiß angeblich nichts vom Platzen seines Millionengeschäfts.

Von Stefan Braun, Berlin, und Karl-Heinz Büschemann

Beim Rüstungskonzern Rheinmetall werden die Worte sorgsam gewählt. Es sei nicht richtig, dass die geplante Lieferung eines Gefechtsübungszentrums für 100 Millionen Euro an Russland gestoppt sei. "Das ist nicht so", sagt ein Sprecher. Doch der Unternehmensvertreter räumt ein, dass es seit einiger Zeit Gespräche mit der Bundesregierung "über eine Lösung" dieser Frage gebe.

Die Sache ist weiter gediehen, als die zögerlichen Rheinmetall-Manager einräumen mögen. Die Bundesregierung ließ am Montag keinen Zweifel daran, dass sie das Rheinmetall-Geschäft gestoppt hat. Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der für die Genehmigung von Rüstungsexporten zuständig ist, sagte dazu, sie wolle jetzt nicht über verschiedene Grade zwischen Hirntod und Tod spekulieren. Aber die Ausfuhrgenehmigung für alle noch ausstehenden Lieferungen sei widerrufen. Konsequenz: Russland werde kein funktionstüchtiges Gefechtsübungszentrum aus Deutschland erhalten.

Ob die Bundesregierung dem Düsseldorfer Unternehmen für das Einkassieren der bereits erteilten Exportgenehmigung eine Entschädigung zahlen wird, blieb ebenfalls offen. Das Gesetz allerdings sieht vor, dass die Bundesregierung eine Ausfuhrgenehmigung zwar widerrufen darf, wenn sich Rahmenbedingungen ändern. Dann aber muss sie eine Entschädigung zahlen, sofern die Firma als Betroffene auf den Bestand der Genehmigung vertrauen durfte und ihr Vertrauen "schutzwürdig" ist, wie es im Juristendeutsch heißt.

Offenbar wurde am Montag, dass sich die Regierung keine größeren Gedanken über die Höhe einer möglichen Entschädigung gemacht hat. "Wir schauen, was kommt", betonte Gabriels Sprecherin. Jetzt sei die Firma am Zug. Gabriel selbst äußerte sich am Rande einer Reise durch Ostdeutschland auf die Frage, ob er eine hohe Entschädigungsforderung riskiere: "Ich riskiere vor allen Dingen durch die Auslieferung eines Gefechtsübungszentrums nach Russland, dass die militärischen Auseinandersetzungen größer werden." Für ihn gehe es in diesem Fall nicht um Geld, sondern um Menschenleben.

Deutsche Firmen liefern nur wenig Rüstungsgüter nach Russland

Rheinmetall ist damit zu einem der ersten Leidtragenden der neuen Regierungslinie geworden, die schärferen Sanktionen der EU gegen Russland im Lichte der Ukraine-Krise mittlerweile zugestimmt hat. Allerdings betonte Gabriels Sprecherin auch, dass es neben dem Gefechtsübungszentrum derzeit keine weiteren Widerrufsfälle für Exporte nach Russland gebe.

Mitte März sah es für Rheinmetall noch gut aus. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern meldete, sein Strategieprogramm komme "gut voran". Die Unternehmensführung rechnete für 2014 beim zivilen wie beim Militärgeschäft "mit Umsatzwachstum und verbesserten Ergebnissen". Jetzt muss sich die Düsseldorfer Firma damit abfinden, dass das schon lange eingeplante 100-Millionen-Euro-Geschäft mit Russland nicht zustande kommen wird.

Der Süddeutschen Zeitung liegt ein Schreiben des Bundeswirtschaftsministeriums vor, aus dem hervorgeht, dass die von der früheren gelb-schwarzen Bundesregierung erteilte Genehmigung zur Lieferung eines Gefechtsübungszentrums an Russland widerrufen werde. Das Ministerium hatte mit der anschwellenden Ukraine-Krise bereits im März angekündigt, das Rheinmetall-Geschäft mit Russland zu stoppen.

Rheinmetall will nicht bestätigen, dass es schon Verhandlungen über eine Entschädigung gibt. In der Branche heißt es aber, es sei naheliegend, dass es auch darum gehen werde, welche Leistung das Düsseldorfer Unternehmen von Berlin erwarten könne.

Rüstungsindustrie kaum betroffen

Der Rückzieher von Gabriel macht die Lage für Rheinmetall nicht einfacher. Der Konzern, der 2013 einen Umsatz von 4,6 Milliarden Euro machte, von dem etwa 47 Prozent aus dem Rüstungsbereich kommen, steckt mit seiner Verteidigungstechnik schon seit einiger Zeit in einer schwierigen Situation. Im vergangenen Jahr machte das Rüstungsgeschäft einen Verlust von 23 Millionen Euro vor Steuern.

In diesem Jahr, so die Planung des Vorstandsvorsitzenden Armin Papperger, sollte es einen Gewinn geben. Rheinmetall liefert Panzerfahrzeuge, ABC-Schutzsysteme, Munition und Militärelektronik und leidet wie andere unter den rückläufigen Ausgaben der europäischen Staaten für Rüstungsgüter.

Die Rüstungsbranche insgesamt werde unter der Entscheidung gegen Rheinmetall aber nicht besonders zu leiden haben, meint Georg Wilhelm Adamowitsch vom Branchenverband BDSV. Abgesehen von den Auswirkungen auf Rheinmetall hätten die Sanktionsbeschlüsse der EU Kommission "keine wesentlichen Konsequenzen" für die deutschen Rüstungsfirmen. Deren Exportvolumen nach Russland habe in den letzten Jahren jeweils etwa 38 bis 40 Millionen Euro betragen.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Textes stand an einer Stelle, dass das Rüstungsgeschäft zwischen Rheinmetall und Russland einen Umfang von 100 Milliarden Euro habe. Wir haben diesen Fehler korrigiert. Wie bereits am Anfang des Artikels erwähnt, sind es nur 100 Millionen Euro.

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