Regierung: Sparvorschläge:Schäubles Giftliste - wer alles sparen soll

"Ein erster kleiner Schritt": Finanzminister Wolfgang Schäuble macht seinen Ministerkollegen nunmehr klare Sparvorgaben. Zwei Ressortchefs trifft es hart.

Anfang Juni soll es soweit sein. Die Kanzlerin, natürlich, weiß schon mehr. Und ihr Finanzminister erst recht. Dann aber sollen auch die anderen Minister auf einer Klausur genau mitbekommen, wer auf wie viel Geld verzichten soll.

Wolfgang Schäuble, AP

Wolfgang Schäuble fordert zum Sparen auf. Öffentlich redet er derzeit gerne von der stärkeren Regulierung der Finanzmärkte. Die Märkte seien außer Kontrolle geraten.

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Dann wissen auch die Wähler genau, welche Opfer auf sie zukommen.

Es geht - mitten in der Euro-Krise und im Schuldendesaster - um sehr konkrete Sparvorgaben. Das Motto: Streichen und Weichen. Laut einem Schreiben von Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer, aus dem die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert, steigen die Sparvorgaben von 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2011 über 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2012 auf jeweils 2,8 Milliarden Euro in den Folgejahren an - und zwar jeweils im Vergleich zur aktuellen Finanzplanung.

Das alles gehört zur vereinbarten "Schuldenbremse". Sie soll nach den teuren Rettungen von Banken und nötigen Konjunkturprogrammen eine gewisse Solidität im Haushalt zurückbringen. Sonst müssen bald mehr als 50 Milliarden Euro jährlich für Zinsen gezahlt werden.

Den größten Beitrag beim angesagten Sparen muss demnach Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bringen - mit anfangs knapp 600 Millionen und dann mehr als einer Milliarde Euro im Jahr. Der Sonnyboy im Kabinett, der noch in der Transall-Maschine auf dem Weg nach Afghanistan flankiert von Soldaten fotogen wirkt, verliert viel an Budget. Damit auch an Renommee in der Truppe?

In der Hitparade der Sparmeister folgt Verkehrsminister Peter Ramsauer mit 259 Millionen Euro im Jahr 2011 und mehr als einer halben Milliarde Euro in den Folgejahren. Auch Ramsauer gehört wie "Baron Guttenberg" zur Gilde der CSU-Minister.

Mit weitem Abstand dahinter liegen, dem FAZ-Bericht zufolge, Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner, Außenminister Guido Westerwelle, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, Umweltminister Norbert Röttgen und Innenminister Thomas de Maizière. Sie müssen im Jahr 2014 zwischen rund 125 und knapp 100 Millionen Euro sparen.

Einsparungen nur ein "erster kleiner Schritt"

Nur Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, die mit Abstand den größten Etat verantwortet, ist offenbar von der großen Sparwelle ausgenommen. Der Arbeitsministerin würden weniger als vier Millionen Euro im Jahr an Einsparungen abverlangt. Offenbar lässt die Jobkrise keinen anderen Ausweg, als hier genügend Geld vorzuhalten.

Die CDU-Frau aus Niedersachsen verantwortet im laufenden Jahr einen Etat von knapp 147 Milliarden Euro. Der Gesamthaushalt 2010 umfasst Ausgaben von gut 325 Milliarden Euro. Die neuen Obergrenzen für die jeweiligen Einzeletats seien aber lediglich vorläufig, schreibt das Handelsblatt unter Berufung auf Gatzers Schreiben.

Bis zum Jahr 2014 müsse das strukturelle Defizit um 40 Milliarden Euro sinken. Damit sei klar, "dass die genannten Einsparungen von drei Milliarden Euro ab dem Jahr 2013 nur ein erster - kleiner - Schritt sein können", wird der Staatssekretär weiter zitiert. Im Laufe der nächsten Wochen werde über weitere Maßnahmen zu befinden sein. Die jetzt kursierende "Giftliste" ist nur ein erstes Papier.

Auf der Klausur geht es dann um die Einzelheiten - und manchem Minister um die Ehre. Schon immer waren solche Spardiskussionen gut geeignet, Zwietracht im Kabinett zu säen. "Hans, lass mal gut sein", verfügte Altkanzler Gerhard Schröder vor einigen Jahen im Kabinett, als ihn die Spartiraden des damaligen Kassenwarts Hans Eichel und die damit verbundenen Revierkämpfe nervten.

Wolfgang Schäuble muss hier den neuen Hansdampf spielen. In diesen Tagen ist der Finanzminister wie kaum ein anderer in Interviews präsent - aber da geht es um die stärkere Regulierung der Finanzmärkte. Die Märkte seien außer Kontrolle geraten, daher sei effektive Regulierung im Sinne der Schaffung funktionierender Marktmechanismen notwendig, sagt der Finanzminister der Financial Times. "Ein Markt funktioniert nicht richtig, wenn die Risiken und die Belohnungen komplett unausgeglichen sind", so der CDU-Politiker. Notwendig seien mehr Transparenz und eine stärkere Standarisierung von Produkten.

Schäuble verteidigt den Vorstoß für die Einführung einer Transaktionssteuer - er bewertet aber die Chancen, dies weltweit im Rahmen der G 20 durchzusetzen, als unsicher. "Wenn wir ein Ja bekommen ist es gut, wenn wir ein Nein bekommen, werden wir intensiv arbeiten, um zu sehen, ob wir eine Transaktionssteuer auf europäischer Ebene haben können", sagt der Minister mit Blick auf das Treffen der G-20-Staatengruppe im Juni in Kanada.

Aber vorher wissen die verschuldeten Deutschen genau, auf was sie verzichten müssen.

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